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Indonesien   -   11. November 2007 - 27. Dezember 2007


Aufgelaufen!
 
Indonesien, 30. November bis 6. Dezember 2007
 
Strecke: Lovina, Bali – Gili Air – Komodo – Flores (alles per Segelboot)


Am späteren Nachmittag unseres vierten Bali-Tages hievten wir den Anker und segelten ostwärts weiter. So erreichten wir schon am nächsten Mittag die kleine Insel Gili Air. Die der Insel Lombok nordwestlich vorgelagerte Insel ist bis auf wenige Generatoren zur Stromproduktion, Benzinmotor frei.
 

Es gibt also keine Motorräder oder gar Autos. Die einzigen Verkehrsmittel, nebst den persönlichen Füssen und Booten, sind einige einspännige Pferdekutschen. Mehr ist jedoch auch nicht nötig, kann man doch die Insel, die übrigens nirgends höher ist als etwa 5 Meter über Meer, in gut einer Stunde zu Fuss umrunden. Gili Air ist jedoch durch ihre nahe Lage zu Lombok und somit zu Bali touristisch, so fanden wir sogar einen Buchshop, in dem wir unsere Lesebücher eintauschen konnten. In den späten Nachmittagsstunden schnorchelten wir noch über den Riffen der Insel, dabei begegneten wir einer grossen Meeresschildkröte. Es war grossartig die Schildkröte zu beobachten, mit ihr zu schwimmen und dabei ihr Lebensraum mehr und mehr zu entdecken.

öV


Die Monte Christo, 18.5 Meter lang und an der breitesten Stelle 4.8 Meter breit, verfügt über zwei Doppelbettkabinen, wobei eine von Keith und eine von uns besetzt war, und über eine Vierbettkabine, wo Koe und unser Pino einquartiert war. Beim Ankern bevorzugten wir jedoch nicht in der stickigen Kabine zu schmachten, sondern oben an Deck zu übernachten, die frische Luft einzuatmen, den Sternenhimmel zu betrachten und mit dem Sound der ans Boot klatschenden Wellen einzuschlafen.
 
Von Gili Air aus setzten wir unsere Segelreise schon am nächsten Morgen fort. An diesem Tag hatten wir stets die Nordküste Lomboks auf unserer Steuerbordseite in Sicht. Eigentlich hätten wir relativ schnell die Sicht zu Lombok verlieren sollen, doch durch den schlechten Wind kamen wir fast nicht vorwärts.

 
Es war wie verhext – mal hatten wir gar keinen Wind, mal war der Wind gerade so stark um die Segel ein bisschen aufzubauschen oder der Wind kehrte und kam gemein von der falschen Seite. Dies zwang uns öfters viel längere Strecken zu segeln. Schlussendlich wurden wir mehr zum Motorboot als zum Segelboot, obwohl der durch Diesel angetriebene Hydraulikmotor der Monte Christo eigentlich nur für kleine Manöver, wie die Einfahrt in einen Hafen oder in eine Bucht gedacht ist und nicht zum stundenlangen Dauerbetrieb.
 
ausschau

Wir schwitzten an der heissen Sonne, die ohne Wind fast unerträglich war. Die Stimmung sank und so entschied Keith nahe der kleinen Insel Gili Lawang, am östlichen Ende des Inselarchipels von Lombok,  ankern zu gehen. Laut den Karten wussten wir, dass überall Riffe lauerten. Wir nahmen die Segel ein und motorten in die Wunschrichtung. Koe stand vorne im Korb, Sem an der Reling, Karin neben den Kabinen an Deck und Keith steuerte das Boot. Angestrengt hielten wir durchs glasklare Wasser Ausschau nach Felsen, Riff und anderem gefährlichen im Wasser. Es herrschte eine angespannte Atmosphäre an Bord – da durchdrang der Schrei von Koe die Stille: „Go to starboard!“ – doch es war zu spät. Es kratzte und die Monte Christo sass fest! Aufgelaufen auf dem Riff – war das nun das tatsächliche Ende? Das Schiff liess sich in keine Richtung mehr wegsteuern.
 
Von Keith kam blitzschnell der Befehl, dass alle in den Korb vorne am Schiff zu klettern hätten. Wir rannten los, drückten uns in die äusserste Ecke des über dem Meer schwebenden Korbes, Keith drückte den Gashebel auf volle Power und die Monte Christo kam wieder in Bewegung.

 
Wir waren frei und hatten mal wieder Glück gehabt. Wir hatten mit unserem Gewicht im Korb das Heck der Monte Christo genügend entlasten können, dass sie sich aus ihrer unmisslichen Lage befreien konnte.
So liessen wir den Anker halt etwas weiter von der Küste entfernt in die Tiefe. Der Anker hakte sich etwa bei 10 Meter ein, doch da im Meeresgrund ein krasser Abgrund vorhanden war, schwamm die Monte Christo anschliessend bei einer Wassertiefe von 100 Meter.

An diesem Abend wurde es noch feierlich an Bord. Schon am Vorabend hatte dazu Karin und Sem als Überraschung aus gesammelten Muscheln, etwas Sand und eines schon in Bali angeschafften „metallenen Weihnachtsbäumchen“ einen Adventskranz gemacht. Der nicht sehr religiöse Kapitän ging dann schon in seine Koje, während wir anderen noch einige Lieder zum ersten Advent sangen.
 
Nach einem Stopp auf einer kleinen Vulkaninsel nördlich von Sumbawa, wo wir einen erloschenen Vulkankrater besichtigen und über unglaublich schönen Riffen schnorcheln konnten, segelten wir weiter in Richtung Australien.
 
Am Tag war das Leben an Bord natürlich immer viel aktiver als in den Nächten. So versuchten wir z.B. tagsüber die Monte Christo viel mehr am Limit zu segeln. Den Entscheid ein Segel runter zu nehmen, fiel nachts immer etwas früher, als dies am Tag geschah. Dies obwohl in der Nacht meist die volle Konzentration aller noch wachen Personen nur dem Schiff, der Navigation und dem Dunkeln um uns gewidmet war. So durchsegelten wir mehrfach ganze 24-Stunden-Turnuse. Immer mussten zwei Personen an Bord wach sein und sich wenn möglich an Deck befinden: Generell lösten wir uns in 4-Stunden-Schritten ab. Um 24 Uhr war Sem meist schon eine Stunde wach und Keith stand gerade auf, dafür ging Koe schlafen. Im Normalfall wurden dann die Segel etwas gerichtet und wir waren ein bisschen geschwinder unterwegs. Daraufhin gab es einen Tee und was kleines zum Essen. Um vier Uhr ging Keith wiederum schlafen, Koe kam zurück und begrüsste zusammen mit Sem die Sonne. Irgendwann zwischen sechs und sieben Uhr zeigte sich dann Keith wieder an Deck. Er war froh, wenn Koe schon Kaffe gemacht hatte. Ansonsten war dies seine erste Handlung. Koe kochte sich und dem, der auch wollte, eine asiatische Nudelsuppe zum Morgenessen. Während dieser Mahlzeit verschwand dann Sem, der durch die Nacht immer einen 8-Stunden- Steuermarathon hinter sich gebracht hatte, um zu schlafen. Kurz darauf ging Karin auf und sie übernahm dann oft gleich das Ruder für die nächsten Stunden. Manchmal ging dann Koe noch etwas schlafen oder entspannte sich beim Lesen. Keith erledigte in diesen Stunden oft kleinere Reparaturarbeiten an seinem Schiff. So gegen elf stand dann Sem wieder auf. Meistens war um diese Zeit schon jemand, meist Koe oder Karin, mit der Zubereitung des Mittagessens beschäftigt. Falls dies nicht so war, begann öfters auch Sem gleich damit. Sehr oft begann dann Sem jedoch auch mit Duschen. Dazu ist  auf dem Deck der Monte Christo ein Salzwasser spendenden Schlauch. Ja, genau so einer der bei vielen Haushalten im Garten verwendet wird. Dieser Schlauch wird mittels einer kleinen 12 Volt Pumpe mit Meereswasser versorgt. Es war ideal beim Duschen, nebenbei gleich die Kleider zu waschen. So waren tagsüber die Geländer des Schiffs sehr oft mit Kleidern behängt. Falls Keith es nicht schon getan hatte, übernahm dann Sem vor oder auch nach seiner Dusche auch gleich noch das runter putzen des Decks. Auch dies wurde mit dem Deckschlauch gemacht. Dabei musste man jedoch darauf achten, dass kein Salzwasser aufs kleine Dach beim Steuerrad gelangte, denn die Rinnen des Daches waren mit dem Trinkwassertank verbunden. So wurde bei jedem Regen der Wassertank etwas aufgefüllt. Im Laufe des Tages duschte dann auch ein jeder anderer einmal.
 

Freizeit, also lesen, aufs Meer schauen, in der Sonne sitzen war nur angesagt, wenn nicht irgendein Manöver, das Hände brauchte, durchgeführt werden musste. Sehr viel Zeit des Tages verbrachten wir dann auch mit dem Segel setzen. So musste das Grossstagsegel hoch, mal der Spinnaker eingezogen werden oder im Fall, dass ein Sturm im Anmarsch war, musste gar das Grosssegel reduziert werden. Wir konnten maximal 7 Segel setzen, eine Fläche von 150 Quadratmeter Tuch konnte den Wind nutzen.
 
Schon am späteren Nachmittag ging dann Koe meist in seine Koje, um noch ein wenig Schlaf zu erhaschen. Um sieben Uhr ging Sem schlafen und um acht Uhr Keith. Koe kam dann zurück und verbrachte zusammen mit Karin die nächsten drei Stunden bis 23:00 Uhr. Um diese Zeit kam dann Sem wieder auf, Karin ging schlafen und so war wiederum Sem und Koe wach und an Deck bis Keith um 24 Uhr Koe wiederum ablöste.
 
An die Nachtfahrten hatten wir uns mittlerweile gewöhnt. Anfangs war es schon unheimlich, wenn man das Schiff durch die Dunkelheit hindurch steuerte.

segeln
 
Von einem grossen, schwarzen Meer ist man umgeben. Man spürt zwar die Bewegung des Schiffes, aber sehen tut man gar nichts. Das einzige Licht auf dem Schiff erhellt den Kompass, nachdem man sich richtet.  Zum Glück sind Nächte aber nicht einfach dunkel. Sehr oft erkennt man im Horizont den Unterschied zwischen Wasser und Himmel, falls der Mond scheint ist es schon fast hell und grandios ist der Sternenhimmel, der über einem leuchtet. Das verblüffendste ist jedoch, wenn man eines dieser kleinen, weissen Lichter erkennt, die andeuten, dass sich ein Fischer in einem kleinen Boot in der Nähe befindet. Ohne Sicht aufs Festland, irgendwo in den weiten des Ozeans fischen sie in ihren nicht mehr als 4-Meter langen Booten. Auch Keith konnte uns nicht sagen, wie sie sich orientieren, denn garantiert haben sie keine Seekarten oder gar ein GPS, dabei.
 
Gegen Abend des 5. Dezember 2007 segelten wir Richtung Komodo. Es schien, als hielten wir genau auf einen Hügelzug zu. Misstrauisch erkundigten wir uns beim Kapitän, was denn sein Plan sei. Er versprach uns ein besonderes Erlebnis. Die Monte Christo kam gut voran, zwei Hügel kamen näher und unsere Geschwindigkeit gab uns Kopfzerbrechen. Wollte Keith wirklich sein Boot einfach aufs Land auflaufen lassen. Im letzten Moment machten wir eine feine Wendung, der Hügel befand sich links von uns und vor uns eröffnete sich einen Meeresdurchgang. Wir waren verblüfft und erleichtert. Sachte glitten wir übers Wasser und erreichten eine sehr schöne, etwas versteckte Bucht auf der Nordseite der Insel Komodo. In der einsamen Bucht sichteten wir sofort eine Boje, machten also den grossen Bootshaken bereit, um nach der Bojenseilschlaufe zu angeln. Sem gelang ein perfektes Bojenangeln, doch unglücklicherweise streifte es ihm seinen Freundschaftsring vom Finger, der nun in der Tiefe des Meeres vor der Küste Komodos schlummert. Nur innerhalb weniger Sekunden wussten alle an Bord beide News. Keith hatte Freude am gelungenen Bojen fischen und der Ringverlust war ihm doch egal. Er meinte nur zur unmittelbar enttäuschten Karin – „tauch doch danach!“ – und dies bei einer Wassertiefe von 23 Meter!
 

Komodo wäre wohl ein Ort, wo man noch einmal hinkommen müsste – nicht nur wegen dem Ring. Die Landschaft war einzigartig, trockene Gebirgszüge und vereinzelte Bäumchen gaben uns den Eindruck auf einem anderen Planeten zu sein. Hinzu kam die absolute Ruhe, die uns umschloss, als unser Boot ruhig ankernd im klaren Wasser lag. An Land gingen wir jedoch nicht und somit sahen wir auch nicht die berühmten Komodowarane, die grösste auf der Welt existierende Echse. Im Volksmunde Indonesiens wird sie gar „Dragon - Drachen“ genannt.
 
Am nächsten Morgen, übrigens dem Samichlaustag – was weder dem Aussie Keith noch dem Asiaten Koe etwas sagte (in ihren Ländern käme der Nikolaus am Weihnachtstag) - lösten wir uns von der Unglücksboje

Komodo


und segelten rüber zur Insel Flores. Dort banden wir uns wiederum gegen Mittag im Hafen von Lubanbajo an einer Boje fest.
 
Am Nachmittag spazierten wir noch ein wenig durch den Ort Lubanbajo. In der protestantischen Kirche waren Jugendliche am üben für eine Weihnachtsvorstellung, im Hafenareal spielten Jungs Fussball und auf der Hauptstrasse rannten einige Hühner herum, kurz bevor das nächste Bemo anraste.
 
Mit genau so einem Bemo gelangten wir am nächsten Morgen zum Markt. Dort besorgten wir frisches Gemüse, Früchte und Eier. Übrigens: Ein Bemo ist ein kleiner Minibus, der systematisch durch die Ortschaft, ja über die ganze Insel, kurvt. Es ist also ein Teil des öffentlichen Verkehrs Indonesien, doch ohne Fahrplan und Haltestellen. Anhalten und somit ein- und aussteigen ist mit einem Bemo einfach überall möglich. Man stellt sich an den Strassenrand und stoppt ein Bemo, steigt ein und schon fünf Meter weiter vorne stoppt man wieder, um den nächsten Passagier einsteigen zu lassen. – Wir schafften es jedenfalls zum Markt und zurück per Bemo und dies sogar sehr schnell.
 
Der Wind kam an diesem Tag pünktlich, kaum hatten wir uns von der Boje wegmanövriert, konnten wir auch schon die ersten Segel hochziehen. Die Hafenbucht hatten wir noch nicht verlassen, als das Schiff schon unter stolzer Vollbesegelung stand.
 
Genauere Streckenbeschreibung für Nachsegler:
 
Lovina, Bali - auf See 1 Nacht –
Gili Air (ankern 1 Nacht) –
Kanal zw. Ost Lombok und Gili Lawang (ankern 1 Nacht) –
Kl. Insel mit Vulkansee, nördlich von Sumbawa (suchen mit Superlampe die Boje – ankern 1 Nacht) –
auf See 1 Nacht –
Komodo (Boje 1 Nacht) – 
Flores, Labuan Bajo (Boje 1 Nacht) – ...
 
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