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Outback AUS   -   07. August 2008 - 30. Oktober 2008


Entlang der Eisenbahnlinie
 
Outback-Australien, 7. August bis 29. August 2008
 
Strecke: Adelaide – Flinders Ranges – Oodnadatta track bis William Creek – Coober Pedy

Nach 7 Monaten entlang der Küste von Australien sollte nun endlich unser Outback-Erlebnis beginnen. Wie sehr freuten wir uns darauf und so war unsere Stimmung gut als wir am 7. August nordwärts aus Adelaide heraus pedalten. Das erste Ziel waren die Flinders Ranges und der dazu gehörende Wilpena Pound. Doch schon die Strecke nach Gawler überforderte uns und wir strandeten in der ersten Nacht auf einer Feuerschneise neben der unasphaltierten Para Wirra Strasse, wo wir Kopf schüttelnd unser Zelt aufbauten. Irgendwo hatten wir einen Abzweiger verpasst, denn eigentlich hätte uns in Gawler ein couchsurfer aufgenommen und wir hätten in warmem Bett bei ihm schlafen dürfen... Die Nacht war kalt, aber wir hatten ja unsere guten minustemperaturtauglichen Schlafsäcke und dank der Falschfahrt konnten wir am nächsten Tag auch gleich noch „umwegsfrei“ die Staumauer des Barossa Stausees austesten gehen. Ihren nahmen „Whispering Wall“ trägt sie nicht um sonst, denn der Flüstereffekt vom einen zum anderen Ende der Bogenmauer funktioniert wirklich.
 

eisgekuehltes Wasser am fruehen Morgen

Die Eröffnungszeremonie der Olympiade am 8.8.08 in Beijing wollten wir uns auf alle Fälle nicht entgehen lassen und so lenkte Karin sofort ein, als uns ein älteres Ehepaar für den Abend auf ihren Bauerhof in Stockport einlud. Wir harrten mit ihnen bis um 1.30 Uhr nachts aus bis als zweitletzte Nation auch noch die Aussies ins „bird cage“ Stadion eingelaufen waren. Anschliessend schlüpften wir ins uns angebotene,  vom „electrical blanket“ aufgeheizte, Bett. Was es hier im Aussieland nicht alles gab!
 
Die Fahrt nordwärts durchs Clare Valley war eher kühl, teilweise nass und extrem windig.


Am einen Tag brauchten wir für 10 Kilometer mehr als 2 Stunden, da uns der Wind direkt von vorne entgegen brauste. Trotzdem hatten wir geniale Erlebnisse: Hüpfende Känguruhs am Morgen rund um unser Zelt herum; eine spontane Einladung zu Tee, da es gerade hagelte; 1 kg Gratisseife von einem Seifenladen im Clare Valley (sahen wir wirklich so schmutzig aus?); gefrorenes Wasser in der Trinkflasche am frühen Morgen;  die Begegnung mit einem „Tante-Emma-Laden-Besitzer“, der uns erzählte, dass er heute beschlossen hat 110 Jahre alt zu werden; die Bekanntschaft mit dem Wagen der mobilen Bibiliothek der Flinders Ranges, in dem wir sogar gratis email checken konnten; die Kids der Schule von Quorn, die unseren Erzählungen vom Reisen per Velo um die halbe Welt lauschten und natürlich nicht zu vergessen die langsame Veränderung der Landschaft hin von grünen Feldern zu roten Felsen und Erde. Denn genau wegen dem waren wir gekommen!


Und in Quorn begann für uns auch die Geschichte der „alten Ghan“ – einer Zugslinie am anderen Ende der Welt! Um euch in diese Welt des Outbacks und des Baus dieser Zugslinie zu führen, braucht es allerdings zuerst einen geschichtlichen Exkurs:
 
Tausende von Jahren lebten die Aborigines in Australien und erst mit der „Entdeckung“ dieses Kontinentes durch James Cook 1770 kamen Weisse hierher. Die ersten waren Verbrecher, die von „good old England“ weit weg geschafft wurden, um da ihre schrecklichen Taten abzusitzen. Doch immer mehr kamen Briten freiwillig hierher und wollten aus dem Land „Downunder“ was machen. Sie taten hier, was sie auch zuhause taten und da die Engländer den Zug „erfunden“ hatten, wollten sie natürlich auch einen in Big Australia bauen.
 
Zu jener Zeit waren aber noch Dampflokomotiven in Gebrauch und für Dampflokomotiven brauchte man Wasser. Hm – Wasser ist in Australien ein Problem. Doch die findigen Köpfe aus Great Britain fanden es. Entlang dem „Great Artesian Basin“ (Grosses Artesisches Becken) – dem grössten unterirdischen Wasserreservoir der Erde, dass sich ungefähr unter einem Viertel von ganz Australien ausdehnt.
 

Seine Tiefe erreicht 3000 Meter und man sagt, dass dort etwa 65 000 Kubik-Kilometer Wasser gespeichert sind. Das Wasser ist grösstenteils mehr als 2 Millionen Jahre alt – es floss – oder sagt man lieber schlich von den Bergen in Queensland und Papua Neuginea hinunter bis nach Zentralaustralien und liegt also seit langem dort. Mit Erdbohrungen begann man sich an vielen Orten Zugang zu diesem Wasser zu verschaffen. An gewissen Orten kommt das Wasser gar aus Quellen aus der Erde hinaus und eben diese „Wasserlöcher“ – die die Aborigines natürlich schon lange kannten – nutzten die Bahnpioniere um entlang ihnen ihre Eisenbahn zu bauen.

Wasser suchen, wo es keines hat


1877 begann der Bau von dieser Bahnlinie, die von Adelaide nordwärts bis nach Darwin reichen sollte. Wir folgten per Velo genau dieser alten Zugslinie und entschieden uns somit für „dirt-road“ anstatt dem uns langweilig erscheinenden, asphaltierten, westlich davon liegenden Stuart-Highway.
 
In Quorn, wo noch ein kleiner Teil dieser Ghan-Linie mit historischen Zügen für Touristen befahren wird, konnten wir so richtig in die Geschichte dieser Eisenbahn - „the Ghan“ genannt – eintauchen. 1879 wurde die Linie an diesem Ort eröffnet und es wurde zu einem Knotenpunkt zwischen West-Australien, den östlichen Staaten und Adelaide im Süden.
 
Von Quorn aus nordwärts bestehen nur noch einige Überreste dieser Ghan-Linie. In Hawker beispielsweise – die Strecke war 1880 bis dorthin fertig verlegt - bestaunten wir den noch intakten, ehemaligen Wassertank, der seinerseits 26 000 Gallonen Wasser fasste um der Dampflok genügend Wasser verabreichen zu können. Auch das Bahnhofsgebäude ist noch intakt und dient heute als Restaurant.


Die weiteren ehemaligen Bahnhofsstationen zogen uns immer mehr in den Bann dieser unglaublich interessanten Geschichte Australiens und als in Lyndhurst auch noch der Asphalt aufhörte, konnten wir nachfühlen, wie es damals gewesen sein muss, als die ersten Weissen in dieses trockene, rote Land eindrangen. In Lyndhurst war es auch, wo wir erst im Dunkeln uns um eine Zeltmöglichkeit kümmerten. Da jedoch kein Mond am Himmel stand, war es unglaublich schwarz um uns herum und nach längerem herum irren, beschlossen wir doch zum Pub zu gehen und im angrenzenden Campground zu übernachten. Im Pub befanden sich etwa 5 Lastwagenchauffeure, sowie nochmals soviele Töfftouristen und sofort erspähten wir ein Schild mit der Aufschritt: „Do you play the guitar? Just ask for it, you could entertain our guests!“ Sem liess sich das nicht zweimal sagen und machte mit der Backpackerin, die hinter dem Tresen arbeitete den Deal, dass er die Gäste unterhalte und dafür gratis campen dürfe. Der Abend wurde aber noch besser: Wir lernten Aron kennen, ein Rinderbauer mit Aborigines-Herkunft, der uns vor dem unheimlichen „MIN-MIN“-Licht des Outbacks warnte. Als er später zusammen mit Sem auch noch Gitarre spielte, war die halbe Nacht schon fast vorbei. Und falls du einmal in Lyndhurst bist, geh unbedingt bei „Talc Alf“ vorbei, ein Künstler, der dort lebt, eine eigene Republik ausgerufen hat und dir gerne seine Philosophie über Sonne und mehr beibringt! So etwas gibt es nur im tiefen Outback zu erleben.
 

Wir pedalten also am 23. August 08 zum ersten Mal auf einer sogenannten „dirt-road“ des australischen Outback. Aber so arg war es gar nicht und wir schafften es bis vor Sonnenuntergang nach Marree, das früher Herrgott Springs hiess (das Herrgott Springs wurde von der Landkarte wegradiert, weil man im Krieg die Deutschen nicht mochte...). Auch in Marre hat es Überreste der alten Ghan und wir machten sogar die Bekanntschaft mit einer Afghanenfrau, ein Abkömmling der Afghanen, die man in diesen ersten Entdeckerjahre ins Outback holte und die mit ihren Kamelen halfen weite Teile dieses heissen,

Ueberbleibsel der Ghan in Marree

trockenen Kontinentes zu erschliessen und die Transporteure waren ab dort, wo die Eisenbahn noch nicht war.
 Die hergebrachten Kamele wurden einfach sich selbst überlassen, sozusagen ausgewildert, heute sind sie eine Plage, denn Australien hat mehr Kamele als jedes andere Land auf der Welt. Kamele fressen Pflanzen radikal bis zum Grund, sind schwer und trampeln herum wo es ihnen gerade passt, womit die heikle Natur des Outback nicht umgehen kann.


Fürs Outback, das viele Reisende nur als „immer gleich und langweilig“ bezeichnen, war es hier entlang der alten Ghanlinie auf dem Oodnadatta-Track sehr abwechslungsreich. Eine Bahnhofstation reihte sich an die andere und zu Callana, Alberrie Creek, Curdimurka, Coward Springs und wie sie alle heissen, gäbe es unendliche Geschichten. Doch da auch dieser Bericht einmal enden muss, sei hier nur noch vom Ende der „Ghan-Linie“ berichtet:
 
Das Ende der Eisenbahnlinie kam, weil das Trassee genau dort gebaut wurde, wo eine Flutebene des Lake Eyre lag. Als die Briten aber dorthin kamen und die Idee mit der Eisenbahnlinie hatten, war alles staubtrocken – kein Fluss hatte Wasser und es regnete ja auch nie. Doch als dann der Regen kam, wusch er den gebauten Bahndamm in nur wenigen Stunden weg. Ein Desaster für die Zugslinie. Im 19. und 20. Jahrhundert kam ein so unerwarteter Regen schon ab und zu mal vor.
 

Dirtroad nach Coober Pedy

Der letzte „ alte Ghan“- Zug fuhr 1982 und heute gibt es eine neue Zugsverbindung zwischen Adelaide – Alice Springs – Darwin, die nicht mehr auf Wasser angewiesen ist, mit einer Diesellok angetrieben wird und 200 km westlich der alten Eisenbahnlinie durchfährt.
 
Dem heutigen Oodnadatta track folgt die ehemalige Zugslinie also weiter in den Norden, doch in William Creek beschlossen wir 166 km in den Westen zu pedalen (auf Naturstrasse mit Wellblechpiste, Sanddünen etc.), um Coober Pedy zu besuchen.


Mehr Bilder gibt es übrigens in unserer Bildergalerie > Outback Australien!