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Australien   -   09. Januar 2008 - 07. August 2008


Von Pleiten, Pech und Pannen
 
Australien, 10. April bis 7. August 2008
 
Strecke: Melbourne – Great Ocean Road - Adelaide


 

in unserem neuen zuhause

In Melbourne endeten wir schlussendlich - anstatt am nächsten Morgen auf die nächste Tasmanien-Fähre zu gehen - zwei Nächte später in einem kleinen Häuschen. St. Albans hiess das Quartier, in dem wir dieses Häuschen gemietet hatten. Die dadurch erhaltene sechs Wochen lange Reisepause war gut für uns. Wir organisierten uns eine Mitgliedskarte der öffentlichen Bibliothek des Quartiers, hatten jeden Tag die Chance im gleichen Laden einkaufen zu gehen, hatten unser eigenes, bleibendes Zuhause und fanden dadurch Zeit um einiges unserer Ausrüstung zu reparieren, respektive zu ersetzen und über die Weiterreise zu brüten.
 
Am Montag dem 2. Juni 2008 verliessen wir Melbourne. Ein sehr praktischer Veloweg führt einem aus der grossen Stadt heraus. Spannend an diesem Veloweg ist, dass er erst sehr lange entlang der Autobahn geht, schliesslich endet und es dort dann einfach eine Öffnung im Zaun hat, versehen mit einem Schild, dass nun ab hier Velos auf der Autobahn erlaubt sind. So pedalten wir also auf dem Pannenstreifen bis nach Geelong, wo wir an diesem Abend des „ersten“ Velotags in einem der Stadtpärke unser Zelt aufbauten.

 
 

Von Geelong aus folgten wir der fasziniernden „Great Ocean Road“ (die grossartige Ozeanstrasse). Hinter jeder Kurve eröffnete sich uns eine neue Sicht aufs Meer. Die Wellen schlugen gewaltig an die zerklüftete Küste, wirklich „Great“. Falls die Strasse einmal die Küste etwas verliess und sie einem mehr in die Hügel und die Eukalyptuswälder führte, hatten wir oft die Chance in den Bäumen hängende Koalabären zu beobachten.
 
Im malerischen Küstenort Lorne gibt es oben im Wald einen offiziellen Gratiscamping. Als wir dies am späten Nachmittag des 4. Juni 08 auf der Touri-Info herausfanden, war es für uns natürlich keine Frage, wo wir in der kommenden Nacht schlafen würden.
 
Am darauf folgenden  Morgen fuhren wir die unasphaltierte Strasse vom Campingplatz zurück hinunter in den Ort. In der steilen Abfahrt, in einer Rechtskurve, wurde die morgendliche Fahrt abrupt unterbrochen: Das Pino rollte nicht mehr, sondern rutschte wenige Meter auf den am Low-Rider befestigten Taschen und endete auf seiner linken Seite liegend. Der Rahmen ist gebrochen! – war die sofortige Erkenntnis.

Koala

 

Die Bruchstelle befand sich bei der vorderen Befestigung des Stokersitzes-Haseständer-Low-Riders. Das 50-mm-Stahlrohr war also während der Abfahrt fast gänzlich abgebrochen, was zum oben beschriebenen Unfall führte. Uns war – ausser einer kleinen Prellung am Knie – nichts passiert. Die Strasse, auf der es geschah, ist glücklicherweise sehr verkehrsarm, so dass uns auch niemand in der unübersichtlichen Kurve überrollte. Leider war die Lenkerverbindungsstange arg verbogen, sowie eine wasserdichte Ortliebtasche erhielt ein Loch und der untere Befestigungshaken einer anderen brach ab.
 
Nach den Schrecksekunden des Sturzes hatten wir einige Zeit Fotos vom Unglück zu machen und die Misère von der Strasse zu räumen.

erstes Bild nach unserem Sturz
 
Kaum war dies getan, rollte ein VW- Bus mit Anhänger heran. Der Mann nahm uns gleich mit und fuhr uns zu einem Freund im Dorf, der laut ihm stainless-steel-Experte sei. Wir schraubten alle Teile, die die Bruchstelle blockierten ab und Dave (der „Schweissexperte von Lorne) begann dann nach seiner Tagesarbeit am Abend beim Eindämmern mit schweissen. Die Arbeit dauerte gute zwei Stunden. Wir schafften es auch noch die Lenkerverbindungsstange in einen brauchbareren Winkel zurück zu biegen und das ganze Pino wieder zusammen zu bauen. Der Spass kostete uns 100 australische Dollar. Nach 22 Uhr machten wir die erste Testfahrt, hängten die Taschen an und suchten einen neuen Schlafort. Bis zu diesem – der Toilettenanlage am Strand von Lorne – hielt die Schweissnaht immerhin schon mal!

 

zwoelf Apostel

In der Zwischenzeit war es Winter geworden. Ja, auch Australien kennt Winter und in einigen Nächten sanken die Temperaturen bis auf 5 Grad Celsius. Wie gut war es, dass wir uns in Melbourne neue Schlafsäcke geleistet hatten. Unsere alten Schlafsäcke waren nämlich schon bei unserem Weltreisestart über 7 Jahre alt und mittlerweile schon so durch gelegen, dass man fast durchsehen konnte.  Wie so oft in Australien hatten wir dann mehrere Tage Regen, wo kein Regen sein sollte. Doch dank Regenbekleidung war alles halb so schlimm. Und just auf den Tag wo wir zur Felsformation der „zwölf Apostel“ kamen, klarte sich der Himmel auf und wir wurden belohnt mit fantastischem Wetter. Wir genossen zwei Tage Sonnenschein und konnten uns nicht satt sehen an dem, was hier die Natur bot.
 
Erst auf dem Weg zum Cape Bridgewater holte uns die Pechsträhne wieder ein: Wir hielten auf einem Hügel um ein Foto zu schiessen. Karin befestigte die Kamera anschliessend wie immer an der Lasche der vordesten, rechten Velotasche. Bei der nachfolgenden Abfahrt löste sich die Kamera jedoch und fiel auf die Strasse. Erst etwa 10 Minuten später bemerkten wir es. An und für sich war die Strasse kaum befahren, doch trotzdem stressten wir natürlich zurück so schnell wie es ging - und da lag sie – schmutzig, flach und zerdrückt. War uns auf der Abfahrt vom Berg hinunter nicht ein grosser „Oversize-Lastwagen“ entgegen gekommen? Karin weinte und konnte sich kaum beruhigen, doch Sem blieb cooler und kaufte zwei Tage später der immer noch traurigen Karin halt eine dieser Einmal-Wegwerf-Kameras...


Als wir am 22. Juli 2008 Millicent verliessen, hörten wir am hinteren Teil des Pinos ein komisches Geräusch. Wir hielten und suchten, doch erst nach langem entdeckte Karin das, was uns zu mehr als 18 Tage Pause zwang. Die Felgenwand der von Velocity erhaltenen 40-Loch Cliffhanger-Felge hatte Risse. Der Mann vom dorfeigenen „Toy Kingdom“-Laden, der auch billige, chinesische Velos verkaufte, meinte uns helfen zu können. Das folgende Desaster, das er zustande brachte, als er uns ein neues Rad einspeichte, beschreiben wir hier lieber nicht, da es uns noch heute so sehr ärgert. Lange Geschichte, kurzer Sinn – nach 7 Tage auf dem Camping in Millicent, wo es stürmte, kalt war und oft regnete, verbrachten wir auf Grund der schlechten Arbeit des Toy-Kingdom Mannes  noch weitere 11 Tage in Robe auf dem Campingplatz. Denn wir liessen die Arbeit des neuen Radaufbaus noch einmal machen, diesmal gleich von der Firma Velocity selbst. Durch deren Hilfe hatten wir nun ein perfekt gebautes Rad, diesmal mit einer etwas schmäleren Felge Aeroheat. Trotz australischer Expresspost liess die Felge aber solange auf sich warten!
 
Endlich am 16. Juli 08 erreichten wir Adelaide, wo wir dank warmshowers.org bei Carolyn und David unterkamen. Wir verstanden uns sehr gut mit ihnen. Eines Abends nahmen sie uns mit an einen typisch australischen Quizabend und dort war es, dass unsere Pechsträhne ein Ende hatte: Sem gewann prompt einen Preis!
 

neuer Rahmen liegt bereit

In der Zwischenzeit hatten wir von der Firma Hase auch einen neuen, extra für uns verstärkten Pinorahmen zu geschickt bekommen. Es dauerte etwas mehr als einen Tag bis unser Pino die Operation des Rahmenwechsels überstanden hatte und ohne Schweissnarbe wieder fahrbar war. Der narbige Pinorahmen hat es – dank dem, dass an 1. Augustfeiern der Auslandschweizer von Adelaide auch Deutsche wilkommen sind - schon in die Schweiz geschafft. Aber immer wiederkehrende pedalen.ch-Besucher, wie Du es bist, wissen das ja schon längst, oder? Auch eine neue Digicam besorgten wir und endlich am 7. August 2008 – über einen Monat später als geplant – verliessen wir Adelaide in Richtung Norden. Dem Outback entgegen...