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Australien   -   09. Januar 2008 - 07. August 2008


Platypusse in Sicht!
 
Australien,  26. Januar bis 17. Februar 2008
 
Strecke: Townsville – Airlie Beach – Pioneer Valley – Finch Hatton - Eugnella

Heritage freies Townsville

Geschichte ist für Australien ein schwieriges Kapitel. Erst 1770 von James Cook entdeckt und bis 1992 als „Terra Nullius“ gehandelt, sind die Aussies nicht gerade gesegnet mit geschichtlichem. So wird jeder „alte“ Stein als „Heritage“ (Erbe) gehandelt und mit millionenschwerem Marketing Touristen angelockt. Townsville jedoch hat eine andere Strategie! Sie verteilen schon oben in Cairns ihre Broschüre „laufe-entlang-historischer-Gebäude“ und überraschen dann einen mit dem Fehlen von jenen.
 
Abreissen ist angesagt! Ist das ein neuer Marketing-Schrei? Wird die Abreisswelle soweit gehen, bis das Städtchen mit „Townsville – die Heritage freie Oase“ werben kann?

Wohl tun würde es, denn die verzweifelte Suche der Australier nach Wurzeln, Geschichte und Heritage findet seine Auswüchse in teilweise grotesken Formen wieder. Alles was älter als 50 Jahre ist, wird sofort als „Heritage“ bezeichnet, geschützt vom Staat Australien, versehen mit schönem Schild, beworben mit Flyer im Touristenbüro und hat mindestens schon einen Award verliehen bekommen.
 
Wie schlimm wird es noch kommen? Die Panik, als geschichtlich unbedeutend zu gelten, scheint uns gross zu sein und wir hoffen, dass man in einigen Jahren nicht folgende Warnung heraus geben muss:
 
Reisehinweis für über 50jährige:
 
Achtung! In Australien – vor allem in historisch unbedeutenden Gegenden – immer in Bewegung und in der Gruppe bleiben, da die Gefahr besteht, dass man sofort mit einem Schild versehen und staatlich geschützt als „Heritage“ ernannt werden könnte. Jegliche Weiterreise in einem solchen Fall ist zuwider handeln der australischen Ordnung und wird mit Gefängnisstrafe geahndet! 
 

Terra Nullius
 
Bis 1992 wurde Australien von den kolonisierenden Briten als Terra Nullius (Niemandsland) gehandelt - also als Kontinent, der unbewohnt sei. Erst 1992 stellte in Australien das höchste Gericht des Landes in der Mabo v. Queensland Entscheidung fest, dass der Kontinent vor Beginn der Kolonisierung durch England keine Terra Nullius war, sondern schon vor 1788 indigene Völker mit ihrer eigenen Kultur in Australien lebten und es bewirtschafteten. Dieser Entscheid führte dazu, dass den Eingeborenen und ihren Nachfahren, den Aboriginals und Torres-Strait-Insulanern, erstmals Landrechte gewährt wurden.
 

 
Vom wohl bald „Heritage freien Townsville“ reisten wir jedenfalls am 3. Februar 2008 weiter. Für unsere erste Nacht verriet uns eine Tankstellenangestellte, dass nebenan ein Raum für die Lastwagenfahrer sei und auch Duschen vorhanden seien. Super, wir blieben gleich und sassen ein wenig draussen bis es eindunkelte. Gegen 21 Uhr begaben wir uns in Richtung Aufenthaltsraum, um dort drinnen zu nächtigen. Kaum stiess Sem die Türe auf, prasselte auf uns ein Gefluche nieder. Wir machten irgendetwas aus wie: „Fuck, fucking, hurry, torch, fuck, bloody, fucking...“ Ihr könnt euch vorstellen, wie leise wir uns in eine Ecke verdrückten und hofften, dass der wütende Truck-driver uns nicht auch noch was über die Ohren zog...
 
...doch wir lernten noch mehr solche nützlichen Worte. Bei einer Restarea stellten wir am Abend darauf unser Zelt ins angrenzende Gras. Es hatte einige andere Reisende und keine drei Meter neben uns ein Pärchen mit Kind und Auto. Wir dachten uns nichts Böses und verzogen uns beim Eindunkeln in unser Zelt. Um 3 Uhr in der Nacht begannen die zwei sich anzuschreien, er nannte sie „dogface“, sie gab zurück mit „ashole“ und dazu knallte er etwas metallenes gegen das Auto, während sie drinnen sass und die Türe verriegelt hatte. Wir bekamen das ganze Familiendrama mit, wie sie einst ein Haus hatten, beide irgendwann im Gefängnis waren, sie den ganzen Besitz verloren und nur noch dieses Auto hätten und ihnen wohl bald ihr Kind weggenommen würde. Wir verhielten uns im Zelt mucksmäuschenstill und lauschten dem beängstigenden Treiben. Zum einen hatten wir Schiss um unser Pino, das ganz Nahe bei ihnen an einem Bänkchen angeschlossen war. Zum anderen tat uns ihr Kind leid das wohl wie wir dem unlieben Gespräch der Eltern folgte. Sem war sprungbereit, um einzuschreiten, wenn unserem Fahrrad ein Häärchen gekrümmt worden wäre, oder wir Tätlichkeiten gegen das Kind aus dem ganzen rausgehört hätten.

eigentlich sind Truckies ganz nett....
 
Doch dazu kam es nicht, die zwei beschäftigten sich nur mit sich selber und nach geschlagenen zwei Stunden war der heftige Streit vorbei. Krass so was! – Wir waren jedenfalls erleichtert zu sehen, dass die Frau und das Kind es überlebt hatten – den Mann jedoch haben wir nicht mehr gesehen.
 
So langsam näherte sich Karins Geburtstag und schon 17 Tage zuvor bekam sie ihr heiss ersehntes Geschenk: Eine schöne, blaue, lange Nudel. Nein, keine zum essen, sondern eine, mit der man baden gehen konnte. Sie lag – nigelnagelneu – im Gras, als wir gemütlich am pedalen waren. Sem musste auf Karins enthusiastisches „Stopp!!!“ sofort abbremsen und mehr hüpfend als rennend rannte Karin zu „ihrem“ Geschenk. Schon lange wollte sie ein solches schaumgummiartiges Ding haben. Doch jedes Mal sagte Sem „nein“, wenn sie im Laden für nur 2 Dollar verkauft wurden. „Wir schleppen doch nicht noch eine Nudel mit!“ war seine strenge Aussage. Doch an diesem Tag war es ein Zeichen von oben. Karin erhielt eine Nudel und unter kopfschüttelndem Blick von Sem klemmte sie sie unter die Gummizüge auf dem Gepäckträger. Natürlich werde sie die Nudel nur so lange behalten, bis sie sie so richtig ausprobieren konnte, dann werde sie sie einem Kind verschenken, versprach Karin strahlend. Ihr glaubt es kaum – ganze 30 Tage reiste die blaue Nudel mit uns auf unserer Veloweltreise mit. Erst in Bundaberg, am 5. März – 1’101 Kilometer weiter konnte sich Karin schweren Herzens von ihr trennen.
 
dies ist eine Mango – a big one

Am 6. Februar 2008, einem heissen, stickigen Radeltag entlang Zuckerrohrfeldern auf dem Bruce Highway kamen wir abends zur „Big Mango“. Gleich gegenüber war eine hübsche Restarea und schon entschieden wir uns dort zu nächtigen. Wie so oft trafen wir einen „grauen Nomaden“, so hatten wir zusammen einen vergnüglichen Abend unter einem der Dächer. Kurz vor dem Schlafen stellten wir nur unser Innenzelt unter dem zweiten Restareadach auf, denn dieses lag mehr im Dunkeln. Mitten in der Nacht begann es zu regnen – natürlich schräg. Wir wurden von hinten fein geduscht in unserem Zelt. Kaum war der Regen vorbei und wir gedachten wieder einzuschlafen, zischte es und von der anderen Seite wurden wir abgespritzt. Da war doch tatsächlich so eine automatische Sprenkelanlage im Boden versenkt, die wir nicht gesehen hatten. Diese bespritzte, nein duschte voll das Häuschen ab -  und nicht den Rasen und wir wurden pitschenass.  Am Morgen stellten wir dann fest, dass das andere Häuschen, in dem wir mit dem grauen Nomaden sassen, nicht nass geworden ist, nur natürlich jenes, in dem wir schlussendlich unser Zelt aufstellten… Bingo!  
 
In Proserpine waren wir zu Gast bei Wendy und Phil. Ihr Hobby ist DJ bei Hochzeiten zu sein. Vorallem auf der nahe gelegenen „Dreamisland“ bei Airlie Beach verbringen sie ihre Wochenenden beim Abspielen der Lieblingsmusik von Brautpaaren. Jenes Wochenende, bei dem wir bei ihnen waren, hatte sie aber keine Verpflichtung und so machten sie mit uns einen Ausflug nach Airlie Beach, von wo wir über die berühmten Whitsunday Inseln blicken konnten. Übrigens bemerkten wir da so richtig, dass wir im „tiefen“ Australien gelandet waren. Punkt 19 Uhr wurde der Fernseher angedreht und die australische Erfolgsserie „Home and Away“ reingesogen.
 

Nach Proserpine begann der grosse Regen. Wir wussten ja, dass wir in der Regenzeit unterwegs waren, aber damit hatten wir nicht gerechnet. Schon am 11. Februar goss es ab dem Mittag wie aus Kübeln. Netterweise nahm uns dann für die Nacht ein Zuckerrohrbauer in seinen Keller, damit wir nicht ertranken. So erfuhren wir, dass er aus seinen 17'000 Tonnen Zuckerrohr an die 7'000 Tonnen Zucker produzieren kann. Der 12. Februar wurde noch schlimmer. Wir pedalten im Dauerregen. Eigentlich wäre es ja noch schön gewesen, auf diesem Strässchen, wo wir da gerade pedalten, denn wir waren nicht mehr auf dem Bruce Highway unterwegs. Unser Plan war nach Eugnella zu gelangen. Eugnella liegt etwa 80 Kilometer westlich von Mackay auf einem Berg und hat – laut Reiseführer – einen Fluss, in dem man die seltenen Platypus beobachten kann. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen. In Gargett bei der Post-Lädeli-Tankstelle, nach 3 1/2 Stunden pedalen durchs Wasser machten wir halt, um uns zu stärken und zu beratschlagen. Die Post-und-alles-Frau stellte uns mit der Tatsache, dass es die nächsten  Tage nur regne, nicht sehr auf. Doch sie war so nett nach Finch Hatton – zwei Dörfer weiter - zu telefonieren, ob wir im Showground zelten dürften. So fuhren wir also noch eine halbe Stunde weiter und wurden schon von Carolin erwartet. Sie zeigte uns im dorfeigenen Showground eine Überdachung, unter der wir unser Zelt aufstellen konnten. Waren wir froh, denn in der Nacht goss es wieder vom Himmel. Am nächsten Morgen war der Rasen 20 Zentimeter unter Wasser – doch wir waren glücklicherweise trocken geblieben. So blieben wir ganze drei Nächte unter dem Dach des Showgrounds in Finch Hatton, dort, wo sie einmal im Jahr eine „Show“ haben, Tiere gezeigt werden und eine Sekretärin 100% ein ganzes Jahr für diesen einzigen Event arbeitet!
 

unter einem grooosen Dach im Showground von Finch Hatton

Ja, Sem verliebte sich so sehr in diesen Ort, dass er noch heute davon spricht zurück zu kehren und berühmt zu werden, wie der erste weisse Bewohner im Tal, von dem heute eine ehrwürdige Plastik beim Bahnhof steht. Trotzdem pedalten wir am 14. Februar weiter in Richtung Eugnella. Schliesslich wollten wir endlich die Platypusse zu Gesicht bekommen. Doch zuerst mussten wir noch nach Eugnella hoch pedalen. Nur gerade 4 Kilometer geht es hoch auf den Berg, aber da es die steilste Strasse Australiens ist, hatten wir ziemlich Respekt. Zuerst ging es ziemlich flach bis weit nach hinten ins pioneer vallez. Kaum begann die Range, regnete es auch schon wieder. So standen wir bei einer Mangopüreefabrik unter. Irgendwann mussten wir aber weiter.


Wir pedalten hart diese 12%-Steigung hoch, immer wieder mussten wir einen Halt einlegen und der Regen vereinfachte die ganze Sache nicht. Pflotschnass oben angekommen setzten wir uns ins „Eugnella Chalet“. Bei einem Teller Wedges und Salat entwickelten wir verschiedene Pläne für die kommende – wohl sehr nasse – Nacht. Als wir die Angestellte fragten, ob sie irgendwo ein Dach wisse, unter dem man ein Zelt aufstellen könnte, fragte sie Max. Max überlegte eine Weile und meinte dann, dass es wohl das beste sei, wenn wir mit ihm gleich mitkämen. Sem wollte sich auf dieses Abenteuer nicht einlassen, aber die Aussicht auf eine trockene Nacht liess Karin vehement nicken. Wir müssten unser Pino auf seinen Pick-up laden, um zu seinem Haus zu kommen. Dies missfiel Sem natürlich gleich wieder, aber er hatte keine Chance und schon wenig später sassen wir zu viert (Max, Kati, die Angestellte aus Deutschland, Sem und Karin) im Kabinenhäuschen des Pick-ups, auf dem hinten das Pino fest gemacht war. Zuerst ging es der normalen Strasse entlang, doch dann kurvte Max auf eine ungeteerte, holperige Piste mitten durch den Regenwald. Es schüttelte und rüttelte und wir hatten Angst, dass das Pino...
 

RICHTIG, das ist noch nicht das Ende der Geschichte.
 
Wir investieren viel Zeit ins schreiben, umschreiben und hochladen unserer Geschichten. Da wir uns mal einen Überblick beschaffen möchten, ob unsere Geschichten überhaupt von Interesse sind und wieviele Leute mit uns „mitreisen“  (nein, wir ersehen das nicht aus unserer Webseite-Statistik) bitten wir dich in einem E-Mail an geschichte@pedalen.ch das Ende dieser Geschichte persönlich bei uns anzufordern.
 
Die E-Mail solltest du unbedingt an geschichte@pedalen.ch  senden - Du bekommst dann umgehend eine Retouremail, die das Ende der Geschichte enthält.
 
Wir hoffen, dass du dir die Zeit nimmst das Ende der Geschichte anzufordern und freuen uns über deinen Besuch auf unserer Veloweltreise Seite pedalen.ch
 
Merci vielmals und liebe Grüsse Karin und Sem