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Torres Str. AUS   -   28. Dezember 2007 - 09. Januar 2008


Happy New Year Thursday Island!
 
Torres Strasse - Australien, 28. Dezember 2007 bis 1. Januar 2008
 
Strecke: Thursday Island - vom Schiff auf die Insel


 
Natürlich feierten wir am Ankunftsabend, nach dem der Anker im australischen Grund gesetzt war, das Ende der langen Schiffsreise. An Land durften wir jedoch noch nicht, denn zuerst mussten wir ja offiziell einreisen. Die Immigrationsbehörde würde am nächsten Tag auf unser Schiff kommen und uns den australischen Stempel in unseren Pass drücken. Punkt 9 Uhr am nächsten Morgen bekamen wir einen ersten Funkruf und es wurde uns mitgeteilt, dass noch nicht alle bei der Arbeit erschienen seien, so dass es ein bisschen später werde. Tja, so beschäftigten wir uns mit aufräumen und putzen, denn Australien hat sehr strenge Quarantänebestimmungen.
 

Etwa eine Stunde später brauste ein graues Gummiboot heran – die Immigrationsbehörde. Drei mit Sonnenbrille, Pistolen und Schwimmwesten ausgerüstete Männer schwangen sich kurz darauf über unsere Reling. Wir wurden herzlich begrüsst und sahen erleichterte Gesichter, dass wir endlich angekommen seien, denn schon in Singapur kündigte Keith per Fax an, dass wir vor Weihnachten in Thursday Island seien. Doch durch den schlechten Wind waren wir ja Tage später als geplant angekommen. Die Australier hatten uns schon seit Tagen erwartet und waren froh uns nun hier zu haben.
 
Der Mann der Quarantänebehörde  machte sich sogleich daran das Schiff auf Schmutz und für Australien gefährliche Tierchen zu untersuchen,

Grenzer auf Gummiboot


der zweite suchte nach Schmuggelware und der dritte nahm sich unserer Pässe an. Koe wurde skeptisch angeschaut, denn sein per Computer eingereichtes Visa konnte nicht gefunden werden. Ob er wohl ein heimlicher Flüchtling war??? Die Sache klärte sich auf, als Koe ihnen nochmals seinen Namen buchstabierte. Es folgten mehrere Telefonate zur Person am Festland hinter dem Computer und dann war klar, dass Koe’s Name auf den Ankündigungspapieren von Keith falsch geschrieben war. So bekam schlussendlich auch Koe einen Einreisestempel in den Pass gedrückt. Komischerweise nahmen die Grenzbeamten nach gründlicher Inspektion aus Quarantänegründen nur die pasteurisierten, in Alufolie eingeschweissten La-vach-qui-rit Käsli und die Zwiebel mit. Die gedörrten, offenen Fische von Koe blieben in der Küche hängen. Sem hat noch heute ein Problem mit den Aussies wegen seinen Käsli, die man hier doch in manchen Supermärkten kaufen kann.
 
Nachdem die Immigrationsbehörde unser Schiff verlassen hatte, gingen wir dann ans Festland. Als erstes liessen wir australische Dollar raus und spazierten zum Supermarkt. Wir freuten uns auf ein Angebot mit Joghurt, Käse, Milch und anderen Köstlichkeiten. Machten wir Augen, als wir die ersten Preise sahen. Ein 200 Gramm Stück Käse kostete umgerechnet 10 Schweizer Franken! Das kann doch nicht die Wahrheit sein, doch auch Joghurt, Milch, Gemüse und Früchte schienen unbezahlbar zu sein. Enttäuscht und entsetzt erstanden wir uns ein herunter geschriebenes Joghurt und die billigsten Kekse. Das war unser Mittagessen.
 
Wir lernten erst später, dass auf Thursday Island alles doppelt so teuer ist wie auf dem Festland Australiens, da alles per Frachtschiff in diese abgelegene Region transportiert werden muss.


Kurze Zeit darauf hatten wir dann auch schon die Hauptstrasse und somit „normal society“ von Thursday Island gesehen. Denn am Tag zuvor als wir im dunkeln Thursday Island ansteuerten und Keith fragten, ob diese Lichter an Land ein Dorf seien, erwiderte er ganz entsetzt, dass das nicht irgend so ein indonesisches Dorf sei, sondern „normal society“! Aha, und was sahen wir? Eine asphaltierte Strasse mit rechts und links Läden, diese aus Holzlatten mit Wellblechdach. Nach der „Einkaufsstrasse“ waren die Kirchen aufgereiht – eine nach der anderen standen sie stolz dort – ganze 7 gibt es übrigens auf dieser kleinen Insel. Anschliessend kam das Torres Pub und nachher noch der Supermarkt. That’s it – normal society. Hm, doch es gefiel uns und kurze Zeit später befanden wir uns auch schon im Pub des Grande HotelsoHotH. Dort lernten wir sogleich die Stammkunden kennen und sie uns.
 
Von Koe mussten wir uns schon zwei Tage später verabschieden, da er per Flugzeug via Cairns nach Singapur zurückkehrte. Keith hatte in der Zwischenzeit entschieden mit seiner Monte Christo in T.I. zu bleiben, da er Arbeit gefunden hatte, sich ein gefährlicher Zyklon am entwickeln war und die allgemeine Wetterlage unsicher aussah. So konnten wir nicht wie gedacht weiter mit Keith via Great Barrier Riff die Ostküste Australiens runter segeln, sondern mussten einen anderen Plan aushecken, um T.I. zu verlassen und australisches Festland zu betreten.
Die kurze Fährüberfahrt nach Bamaga und dann durchs Cape York, dem nordöstlichen Zipfel von Australien, zu pedalen, kam nicht in Frage, da das Cape York aufgrund der Regenzeit unter Wasser stand und wir uns nicht mit Schlammstrassen, meterhohen, unpassierbaren und krokodilgefüllten  Flüssen anlegen wollten.
 
 

Pino kommt an Land

Es gibt zwei Frachtschiffgesellschaften, die T.I. von Cairns aus ein- bis zweimal wöchentlich anlaufen und teils Passagiere mitnehmen. Doch Seaswift hatte ihr Boot in Reparatur bis Ende Januar und  bei Endeavour war aufgrund der Weihnachts- und Neujahrsfeiertage niemand am arbeiten. Und so fanden wir nicht heraus, wie wir die Insel verlassen könnten, denn in ein Flugzeug zu steigen verweigerte Sem vehement.
 
Wir sassen auf Thursday Island also so richtig fest! Wenigstens nahmen wir am 30.12.2007 unser Pino von der Monte Christo an Land, um uns auf dem ca. 30 Kilometer langen Strassennetz von T.I. wieder Fahrradmuskeln anzutrainieren. Kaum war unser Pino zusammen geschraubt, fuhren wir auch gleich unsere erste Outbacktour. Denn auf unserer Inselumrundung stellten wir fest, dass nicht ganz ringsherum eine Strasse vorhanden ist. Nur ein kleiner ausgewaschener Fussweg brachte uns zum Lion Lookout und zurück auf den Asphalt.
 
Für den Jahreswechsel gab es auf der Insel zwei Angebote: Entweder rutschte man an der „fancy dress party“ im Royal Pub ins Neue Jahr oder man ging ins Torres Pub, wo noch gleich ein Geburifest des Besitzers und sogar Karaoke angesagt war.


Da wir nicht wirklich einen „fancy dress“ hatten, entschieden wir uns fürs zweite. Die Stimmung war schon ziemlich angeheitert, als wir ins Torres kamen. Der DJ erledigte seinen Job in traditioneller Weise, da er nur einen CD-Player hatte, gab es zwischen den verschiedenen Stücken eine kurze oder längere Kunstpause. Erstaunlich, wie viele Leute wir doch schon kannten. Die Stimmung war hervorragend, wir tanzten was das Zeugs hielt und mit uns feierten…
 
…der Chef  von Bibi-Island, der immer glitzeriger auf der Schulter wurde, da er unter einem mit Glitzer geschriebenen Schriftzug stand, der ihm immer mehr auf die Schulter hinunter fiel.
…John oder Johannes, der am 1.1. Geburtstag hatte und `54 aus undursichtigen Gründen aus Deutschland geflüchtet war und um mit seinen stechend blauen Augen eher aussah, als wäre er ein alter Nazi – und der bezierzt wurde von einer Stöckelischuhdame im satt sitzenden, roten Kleid, wo die Fettpolster unschön unten und oben heraus quillten.
 
…Miss Piggy in grün mit passendem Schmuck, schulterfrei, mit sonnenverbranntem Rücken und Miss Piggy Tochter, mit Drink in Farbe ihres Kleides, die beim Tanzen ihre Kurven schwingen liess und ihre Wildleder-Schuhe schon um 23 Uhr gegen Flip-Flops eintauschte.

…Onkel Henry mit Stock, Torres Strait Inselbewohner, mit grünem Party-Filzhut, der mit Karin tanzte – ohne Stock, lächelte, sich freute, mit dem Auge zwinkerte, immer wieder auf die Uhr schaute und das Neue Jahr fast nicht erwarten konnte.
 
…Mauerblümchen im Polo-Shirt, das gar nicht so richtig wusste, was mit ihm geschah, da es von Kollege Andy, der schon einige Bierchen intus hatte, angemacht wurde.
…Abdul Asir Aham, der zuvor im Royal an der „fancy dress party“ war und immer noch seinen aus Leintuch geschwungenen Turban auf dem Kopf hatte, der ihm je nach Alkoholspiegel im Blut immer mehr über die Augen rutschte.
 

…acht (8) breitschultrige Typen in Hawai-Stil Hemden (ob die auch an der „fancy dress“ Party waren?), die mit Bier in der Hand auf der Tanzfläche für Stimmung sorgten.
…Beagles, der schon 2 Helikopterabstürze überlebt hatte und der es nur per Taxi ins Pub geschafft hatte!
 
…Kareen im weissen Blümchenkleid (sie war auch an der „fancy dress Party“), der man je länger der Abend wurde immer mehr in den Ausschnitt sehen konnte.
…Chris, die kurze, strohblonde Haare hat und so schnell Aussie-Englisch spricht, dass man sich  beim zuhören fast die Ohren verdreht. 
 

…Carola, 140, 90, 140; versöhnte sich knapp vor Mitternacht mit ihrem Mann, der sie nun wieder einmal begrapschen durfte  und hemmungslos an ihren Kleidern zerrte. 
…Alissa, die mit altmodischer Hoch-Hochsteckfrisur hinter dem Tresen in flitzigen Turnschuhen die Kunden bediente und kurz vor zwölf Uhr Pause hatte, um mit den Freunden ins Neue Jahr zu rutsch-ups-en.

Wilkommen auf Thursday Island


…ja – und all die, die mit ihren schönen Stimmen und voller Inbrunst versuchten den Karaoke-Liedern einen Glanz zu verleihen und schrecklich falsch ins Mikrofon husteten.
 
Schön war unser Silvester und gegen zwölf Uhr wippte auch der hinterletzte im Rhythmus der Lieder mit Po und Schulter. Die Stimmen wurden lauter, die Augen leuchtender, rasche Blicke auf die Uhr und endlich um 24 Uhr war es soweit: Happy New Year Thursday Island!
 
Ja, T.I. ist klein – ein Kaff sozusagen – ein liebliches obendrein, 3,5 km²  klein, 30 km Strasse, man kennt sich, macht schnell Freunde und ein jeder hofft nicht sein ganzes Leben dort zu sein, denn alle wissen alles von dir und ein jeder war schon in der inseleigenen Zeitung.
 
Doch T.I. ist nicht nur T.I. Es wird umgeben von 270 kleinen und grösseren Inseln, die alle in der Torres Meeresstrasse liegen und zum nordöstlichen Zipfel von Australien gehören. Die „Torres Strait“ wird nach dem Spanier Luis Vaez Torres genannt, der im Jahre 1606 südlich von Papua Neuginea durchsegelte und damit den Inselcharakter von Papua Neuginea erwies. 17 der Inseln sind bewohnt. Die Ureinwohner der Torres Strait Inseln sind die Torres Strait Inselbewohner und somit Ureinwohner Australiens, die jedoch nicht mit den Aborigines verwandt sind, sondern melanesische Wurzeln haben. T.I. ist das administrative und kommerzielle Zentrum der Inselgruppe. 1869 brach der Perlen- und Perlmutterboom aus, denn in den Wassern der Torres Strait lagen Unmengen davon. Mit der Erfindung des Plastiks nach dem zweiten Weltkrieg war diese Industrie jedoch am Untergang. Doch noch heute zählen die Perlen aus der Torres Strait zu den schönsten der Welt.