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Indonesien   -   11. November 2007 - 27. Dezember 2007


Boot über Bord!
 
Indonesien, 11. November – 30. November 2008
 
Strecke: Chiangi Sailing Club Singapur – Pulau Belitung – Pi Parang – Lovina, Bali (alles per Segelboot)


 

Als Karin am Morgen aufwachte und das Bootsdeck betrat, sah sie drei an einer grossen, rostigen Kette hängende, verschmierte Männer! - „Was macht denn ihr?“ war ihre Frage. Die Antwort machte ihr gar keine Freude! Der Ankermotor sei kaputt und so werde nun das Ding von Hand hochgezogen. Nach zwei Stunden war das schwere 100-kg-Teil dann auch an Bord und wir verliessen die Wasser des Segelclubs. Wenige Seemeilen südöstlich funkte Keith, Bootsbesitzer und Kapitän, den Grenzbeamten. Diese kamen per grauem Schnellboot angedüst, übernahmen via Fischernetz all unsere Pässe und Boots-Papiere, checkten und stempelten diese und gaben sie uns zurück. Eine solche Grenzabfertigung hatten wir noch nie erlebt!

Grenze


Nun konnte es also richtig losgehen, nichts sollte uns mehr stoppen! Die ersten Segel wurden hochgezogen und füllten sich mit Wind. „Monte Christo“ war auf Kurs in Richtung Australien!
 
An diesem ersten Segeltag war hauptsächlich Koe, unser Singapurer, Steuermann. Keith und Sem versuchten den Ankermotor und dessen Steuerung zu flicken und Karin kämpfte mit den ungewohnten Bewegungen eines Schiffes im Meer. Mit dem Ergebnis, dass die Wicklung des Ankermotors verbrannt ist und dies auf Segelschiffen unreparierbar ist, erreichten wir am Abend eine Bucht vor der Insel Baua, wo wir für die Nacht stoppten. Wir setzten natürlich nicht den grossen, schweren Kettenanker, sondern einen kleineren Anker, mittels eines grossen Tau's.


Dank dieser Entscheidung war die Monte Christo zwar etwas weniger gut verankert, jedoch das Hiessen des Ankers am nächsten Morgen war um einiges leichter.
 
Am Dienstag, den 13. November um 16.45 Uhr überquerten wir beide das allererste Mal in unseren Leben den Äquator, von Nord nach Süd. Nach einer Wende taten wir es nochmals von Süd nach Nord und am gleichen Tag noch ein drittes mal. Von da an (und bis zum heutigen Tag, wo das schriftlich festgehalten wird) setzte sich unsere Reise nur noch in der südlichen Hemisphäre fort.
 

Fischer

Nach zwei weiteren Nächten auf See näherten wir uns der Insel Pulau Belitung. Keith erklärte schon seit Stunden, dass es eine einfache Ankerstelle in einer Bucht sei und da er schon hier gewesen sei, werden wir diese geschwinde finden. Die Kartensoftware im Computer, die verbunden war mit einem GPS, half aber rein gar nichts. Denn die Erinnerung hatte unseren Kapitän getäuscht und wir steuerten trotz der technischen Hilfen in die Richtung einer falschen Bucht. Der Wassertiefenmesser warnte uns vor einem Riff und bevor wir aufliefen, wendeten wir rechtzeitig. Und was tut man auf der grossen, weiten Welt, wenn man nicht weiss, wo man ist. Ja, ganz einfach – man erfragt sich den Weg. Hm, auf dem Meer, wo sich soweit das Auge reicht nur Wasser befindet? Wir staunten nicht schlecht ab Keith’s pragmatischer Lösung. „Wir fragen einen Fischer!“


Karin konnte sich das Lachen nicht verkneifen: „und wie soll der uns sagen, wo wir durchsegeln müssen – hm, hier ist einfach Wasser, da funktioniert ein rechts und dann links und die dritte Strasse wieder links doch gar nicht!“ Ein mürrischer Blick liess Karin schweigen und Koe, der dank seinen malaysischen Wurzeln sich mit den indonesischen Fischern verständigen konnte, erkundigte sich nach dem Weg. Ein in irgendeine Richtung zeigen war die Antwort, irgendwie schienen sie sich zu verstehen – und es klappte wirklich. Der Fischer hatte geholfen, denn endlich befanden wir uns, zwar erst beim Eindunkeln, am richtigen Ort. Keith schien sich über die Örtlichkeit nun sehr sicher zu sein. „There is a big, white rock in the Sea!“ (da befindet sich ein grosser, weisser Felsen im Meer) war der folgende Befehl des Kapitäns. Im spärlichen Mondschein hielten wir danach Ausschau, doch von einem Felsen war rein gar nichts zu sehen. Wir schwiegen, dachten uns unsere Sache und waren dann doch positiv überrascht, als wir in der richtigen Bucht in einer Wassertiefe von 4 Metern den Anker setzten.
 
Es war paradiesisch, als wir am nächsten Tag im Sonnenschein unseren Ankerplatz sahen. Das Wasser war türkisblau, in unmittelbarer Nähe befand sich der von uns schwer gesuchte weisse Felsen, der Sandstrand leuchtete weiss und die Palmen gaben der ganzen Szenerie einen fast unheimlich schönen Anblick. In dieser Bucht vor der Insel Pulau Belitung blieben wir ganze vier Nächte mit dem Seilanker liegen. Die Tage nutzten wir zum Schwimmen, Baden, Schnorcheln, Einkaufen und einem Besuch bei der indonesischen Immigration, wo wir schliesslich, nach langem verhandeln, einen Stempel für 30 Tage erhielten. Keith organisierte sich auch noch einen indonesischen Elektriker, der sich nochmals der Ankermotorsteuerung annahm. Natürlich kam dieser auch zu keinem anderen Ergebnis, als dass der Motor hinüber ist. So kaufte sich Keith eine grosse Rätsche, die er nur dank unserem Reisestecker mit seiner australischen Schleifmaschine so anpassen konnte, dass sie als Hebel der Ankerwinde brauchbar war.


Doch die Rätsche war ja erst für die Zukunft gedacht, denn um von Pulau Belitung wegzukommen, mussten wir ja nur den leichteren Seilanker hieven und schon waren wir frei. Der Wind war gut, so kam der Befehl zum Segel setzen. Nach getaner Arbeit waren wir alle guten Mutes und so richtig bereit zum Frühstücken. Nur Karin musste noch geweckt werden. Doch dazu, wie auch zum Frühstück, kam es gar nicht!
 
Plötzlich krachte es - es war unser Beiboot! Es hing nicht mehr am Schiff – es schwamm zur Hälfte im Meer. Die eine Umlenkrolle, an der es normalerweise hing, war gebrochen. Sem und Keith rannten gleichzeitig los, doch sie hatten keine Chance, die im Wasser liegende, durch den Motor schwerere Seite, hoch zu ziehen. Ein zweites Krachen war zu hören, die andere Aufhängung war auch gebrochen, das Beiboot lag gekentert im Meer!
 
Keith reagierte am schnellsten – der Plan „Mann – respektive Boot – über Bord“ trat in Aktion! Mit kühlem Kopf schrie er Koe und Sem seine Anweisungen entgegen. Blitzschnell nahmen die zwei Crewmitglieder alle Segel runter, Keith leitete eine 180° Wendung ein und mit dem grossen Bootshaken angelte Sem nach dem Beiboot. Der relativ hohe Wellengang half gar nichts, doch oh Glück, Sem erwischte das Seil, mit dem das Beiboot im Normalfall an einem Steg festgemacht wird. Somit war das auf dem Kopf schwimmende Böötchen noch nicht verloren.
 
Sem und Keith zogen das Boot auf der Backbordseite längs ans Schiff heran, kappten das hoch im Mast oben wendende Seil vom Stagsegel ab, verknoteten dieses mit dem soeben  gefischten Beibootseil und zogen so das Beiboot aus dem ewig bewegenden Meer.
 
Durch das herum rufen der Männer wurde Karin natürlich aufgeweckt und war sofort an Deck. Sie kam gerade rechtzeitig um beim Heraufziehen des Beibootes zu helfen. – Koe steuerte nun die Monte Christo, während die anderen versuchten das verlorene Böötchen aufs Deck zu ziehen. Der Beibootmotor hängte sich jedoch an verschiedenen Orten ein, zum anderen wurde das Deck durch ihn ölig!
 

Die Bootsoberfläche wurde zur Schlittschuhbahn – es war ein absolut gefährliches Unterfangen – Sem und Keith schlitterten über das Deck, konnten sich teilweise nur knapp an der Reling halten, bevor auch sie ins Meer gespült worden wären. Wäre es nicht sinnvoller das Boot dem Meer zu übergeben und dafür nicht zusätzlich noch eine Person über Bord gehen zu lassen? Doch Keith nahm jedes Risiko in Kauf – er wollte sein Beiboot nicht verlieren! Koe konnte nur noch „it is so dangerous“ murmeln und Karin war nur noch fähig Stossgebete in den Himmel zu senden. Irgendwie gelang es – das Beiboot wurde gerettet und lag auf dem Deck, doch während des dramatischen Zwischenfalls verloren wir alles, was sich im Beiboot befand: Die Kiste mit unseren Schuhen, drei Schiffs-Puffer und die Ruder. Im weiteren wurde der Motor völlig vom Salzwasser getränkt und bedurfte einer Generalrevision

Beiboot
 
Nach zwei durchsegelten Nächten setzten wir vor der kleinen Insel Pi Parang den grossen Kettenanker. Für zwei Stunden besuchten wir die kleine indonesische Insel, die wohl in keinem Reiseführer, wie auch in keinem gängigen Atlas zu finden ist. Auf der Insel nahm uns gleich ein Mann mit in sein kleines Dorf. Wir wurden ins einzige Backstein-Haus geführt, bekamen Mangos und andere uns unbekannte Früchte zum Essen. Via Koe war sogar eine Kommunikation mit den Dorfbewohnern möglich. Keith verschenkte noch seine Lesebrille an einen alten Mann. Dann kauften wir den Insulanern noch ganz viele Mangos ab und einen Hahn, der gleich frisch gemetzget wurde.
 
Hahn

Am nächsten Morgen war es dann so weit. Der Kettenanker musste zum ersten Mal mit der neuen, extra angepassten Rätsche hoch gezogen werden. Es war anstrengend, aber es funktionierte recht gut die Winde in Bewegung zu bringen - doch leider war es sehr langsam. Wir alle arbeiteten fast zwei Stunden bis der Anker vollständig oben war und das Schiff so ungehindert segeln konnte.
 
Nach zwei durchsegelten Nächten, einer nachtlangen Pause vor der Insel Pulau Giliyang und einer weiteren Nacht auf See erreichten wir gegen Mittag des 27. Novembers 2007 die sehr bekannte Insel Bali. Wir setzten unseren Anker an deren Nordseite, bei Lovina.
 
Auf Bali setzte sich Koe gleich mal ab. Er hatte genug vom Schiff und nahm sich ein Zimmer an Land. Wir zwei besuchten mit einem gemieteten Töff einige Tempel, Seen, Aussichtsberge, Wasserfälle und auch den grossen Botanischen Garten der Insel. Der Wasserfall, den wir besuchten, war für uns ein Highlight, da man dort sehr schön baden konnte. Und es war Süsswasser, dies konnten wir ja schon seit 18 Tagen unserer Haut nicht mehr gönnen.


Natürlich gibt es auf der Monte Christo Süsswasser, aber ausser zum Trinken und Kochen durften wir dies ja nicht verwenden, denn alles wird mit frischem, salzigem Meereswasser gemacht: Abwaschen, putzen, Kleiderwaschen und eben auch duschen. Keith spülte sich nach dem Zähneputzen sogar mit Salzwasser die Zähne, wozu wir anderen uns jedoch einen Schluck Süsswasser genehmigten.
 
Genauere Streckenbeschreibung für Nachsegler:
 
Chiangi Sailing Club Singapur –
Insel Baua (Straits of Riau, Anker 1 Nacht) –
Äquator – auf See 3 Nächte –
Pulau Belitung (ankern 4 Nächte) –
auf See 2 Nächte –
Pi Parang (ankern 1 Nacht) –
auf See 2 Nächte –
Pulau Giliyang (ankern 1 Nacht) –
auf See 1 Nacht –
Bali, Lovina (ankern 3 Nächte) – ...
 
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