Deutsch arrow Berichte arrow Schweiz 2

Schweiz 2   -   03. Juli 2007 - 21. August 2007


Pino - Die Lüftung des Geheimnisses
 
Schweiz, 6. Juli bis 21. August 2007
 
Strecke: mehrere mit verschiedenen Fahrrädern


Noch am selben Tag hatten wir in Wabern etwas Geheimes vor, einen Termin, später mehr davon… - denn es handelt sich beim Geheimnis um was ganz anderes.“ 

Dieses Versprechen aus einem vorangehenden Bericht möchten wir nun einhalten, um das Geheimnis für alle aufzulösen.
 
Aber um alles genau verstehen zu können, gehen wir erstmal einige Wochen, ja Monate zurück – in den Vietnam. Dort, in Hanoi, als wir uns viel Zeit nahmen um unsere Webseite aufzubessern, durchforsteten wir auch sehr lange das Internet. Dies, um einige Ideen über Internetseiten zu erhalten, wie über deren Style und Anordnungen der Navigation etc. Dabei stiessen wir aufs Pino. Obwohl das sehr interessant aussehende Stufentandem gar nichts mit Webseitengestaltung zu tun hatte, verliess es unsere Köpfe nicht mehr.
 
Wir begannen, so nebenbei, mehr und mehr darüber zu lesen. Auch noch Wochen nach der Entdeckung, als wir in Laos, in grösster Hitze pedalten kam uns das Pino in den Sinn, dass es vielleicht die Lösung wäre um uns etwas gemeinsamer und ausgeglichener weiter zu bringen. Oft sagten wir zu einander „mit einem Pino könnten wir jetzt weiter!“ als wir Hitzepause machten, weil Karin absolut zu heiss hatte. 
 
Aber wir hatten ja eh keines und in der näheren Umgebung gab es solch tolle Velos ja schon gar nicht zu kaufen. Trotz intensiverer Suche im Netz schien es effektiv so zu sein, dass das Pino nur in Nordamerika, Europa und vielleicht noch in Neuseeland vertreten sei. So schoben wir die Idee, eine Pino Testfahrt zu machen und eventuell von unseren zwei Einzelvelos aufs Pino umzusteigen, beiseite.
 
Die Umsteigeidee war jedoch sofort wieder da, als wir uns in Bangkok entschieden, an die Hochzeit von Sem's Schwester in die Schweiz zu gehen. - Noch bevor wir Bangkok verliessen, kontaktierten wir auch schon einige Velogeschäfte, die das Pino verkaufen, um einen Termin für eine Testfahrt auszumachen.
 

erste Testfahrt - übrigens ein Titan-Pino

Und dies konnten wir dann eben am 4. Juli 2007 in Wabern tun. Dank Robis Werkstatt, kamen wir zu einer ersten Pino Testfahrt. Es gefiel uns sofort sehr gut. Auch wenn das von der Hinterperson gesteuerte Gefährt schon noch etwas Angewöhnung verlangt. Hintengesteuert!? Ach ja, wir haben ja noch gar nicht erklärt was das Pino genau ist. Es handelt sich um ein Spezialfahrrad von der deutschen Firma Hase. Ein Tandem. - Nicht eines, bei dem beide hintereinander auf gleicher Höhe wie auf einem „normalen“ Velo sitzen, nein – der hintere, Kapitän genannt, sitzt wie auf einem normalen Fahrrad und der vordere, Stokker genannt, sitzt wie in einem Liegevelo. Natürlich hat es für beide je Pedale, aber spannend ist, dass eben der Hintere lenkt, bremst, schaltet und die Balance hält. Karin fühlte sich auf dem Vordersitz mit jedem Kilometer immer wohler. Es gefiel ihr die Pedale zu treten und dabei volle ungestörte Aussicht zu haben, während Sem hinten als Kapitän über sie hinweg sah und die Position im Strassenverkehr kontrollierte.
 
Mit dieser ersten Pino-Testfahrt begann ein grosser Entscheidungsprozess mit der Hauptfrage: Pino ja oder nein?


Eine Reise nach Freiburg im Breisgau, Deutschland, am Mittwochnachmittag des 11. Juli 2007, eine Reise nach Luzern am darauffolgenden Freitag und die Weiterreise von Luzern via Brünig nochmals nach Wabern bei Bern gab uns die Chance auf weitere Testfahrten.

 
Dank Robis Werkstatt in Wabern drehten wir die grössten Runden, sahen ein Titan-Pino, fanden mehr über den Low-Rider heraus (An den man übrigens bis zu vier grosse Velotaschen anhängen kann, dies jedoch nur in Kombination mit dem Hase-Spezialständer) und konnten das Pino mit Rohloff-Nabenschaltung fahren. - Dank der Reise nach Freiburg zum Fahrradgeschäft Radieschen sahen wir unser erstes Stahlpino, machten unseren ersten Direkt-vom-Hasespezialständer-Start und wir fanden heraus, dass Karin zwar auch hinten steuern könnte, sich jedoch vorne besser fühlt. - Und dank der Reise nach Luzern zu Velociped testeten wir ein drittes Pino, diesmal mit Lenkerendschaltung und spannenderweise mit nur einer Bremse (was uns zeigte, dass zwei zwar gut sind, aber nicht immer nötig!).

Pino Test Pino Test
Pino Test Pino Test
 
Dank den drei Velogeschäften hatten wir zwei wirklich ausgedehnte Testfahrten und zwei etwas kürzere, jedoch noch keine Entscheidung und schon gar nicht ein eigenes Pino.
 
Alles weitere lief dann per E-Mail und per Telefon, bis wir schlussendlich am 4. August 2007 unser Pino beim Fahrradgeschäft Radieschen in Freiburg abholten und damit gleich mal in die Schweiz pedalten.
 
Bei der genauen, detaillierten Komponenten-Auswahl an unserem Pino und der definitiven Ja-Entscheidung haben uns alle Beratungsgespräche bei den drei Händlern gleichermassen geholfen, wie auch das Internet, insbesondere das unabhängige pinoforum.de. Und dank der speziellen Schnelllieferung des Herstellers und eines prioritären Zusammenbaus beim Händler in Freiburg ging alles zeitlich sehr gut auf, um das Pino noch vor unserer Abreise aus der Schweiz zu erhalten.
 
Für den Kauf beim Fahrradgeschäft Radieschen in Freiburg entschieden wir uns, da wir schon beim Betreten des Geschäfts einen sehr guten Eindruck hatten, sie unsere Reise unterstützungswürdig finden und uns daher mit einer Pinoteilsponserung von 10% entgegen kamen. Vielen herzlichen Dank!
 
Von vielen Bekannten hörten wir, dass wenn wir schon in Deutschland einkaufen würden, dass wir Geld sparen könnten an der Grenze. Denn wer in Deutschland einkauft, kann die deutsche Mehrwertsteuer von 19% zurückfordern und muss dann ja nur noch die 7,5% schweizerische Mehrwertsteuer bezahlen, am Schweizerzoll. Also man müsste das tun. Es funktioniere jedoch auch ohne dies zu bezahlen und so spare man am meisten.
 
Was man jedoch muss, ist wohl meist besser es auch zu tun. Denn als wir mit einem überzeugten Gesicht dem Schweizer Zollbeamten zum dritten mal auf seine Frage, ob wir was zu verzollen hätten, mit nein antworteten, fehlten wir. Er erklärte uns, dass die deutschen Kollegen kurz angerufen hätten, dass wir einen deutschen Mehrwertsteuerrückforderungsbeleg für ein Velo abstempeln liessen und so wisse er nun ganz klar, dass wir am Schmuggeln seien.
 

unser Pino - ganz NEU

Wir mussten dann mit ins Zollbüro um die 7,5% Mehrwertsteuer zu bezahlen, plus eine Strafgebühr, die dem doppelten Betrag des Mehrwertsteuerbetrages entsprach. Sumasumarum hat sich gezeigt, dass nur spart, wer es schafft zu schmuggeln oder es schon gar nicht versucht. Mit unserer Erfahrung empfehlen wir das Letztere.
 
Natürlich war es nervig eine zusätzliche Strafgebühr zu bezahlen, aber es nahm uns die Freude nicht, denn wir hatten ja nun ein Pino, etwas neues.
 
Aber wir waren ja immer noch in der Schweiz. Und das Pino musste ja nun mit uns mit, zurück auf unsere Weltreise, nach Bangkok.
 
Und aus dem pinoforum.de brachten wir schon seit längerem in Erfahrung, dass seit dem „Erlanger-Disaster“ niemand so richtig empfahl mit dem Pino in ein Flugzeug zu steigen.
 
Zu einem grossen Teil nutzten wir die noch verbleibende Zeit in der Schweiz um einige Spezialausbauten am Pino zu verwirklichen, dabei halfen viele Fahrten zu Do-It-Läden und viele Gedanken- und Arbeitsstunden im Keller. Auch viel Zeit benötigten wir um das Pino für den bevorstehenden Flug vorzubereiten. Dank zwei grossen Veloboxen, die wir vom Velogeschäft Vitteli in Basel erhielten und per Pino nach Aesch transportierten und dank viel Plastikausstopfmaterial, das wir beim Mediamarkt ergatterten, verpackten wir das Pino flugtauglich.
 
So kam der Tag der Abreise immer näher. Der Plan stand, dass das Pino in der grossen Kiste ins Flugzeug kommt. Aber wie kamen wir damit zum Flughafen in Frankfurt? Autostopp kam doch so nicht mehr in Frage. Wir überlegten uns den Zug zu nehmen, doch wir entschlossen uns es gar nicht zu riskieren, mit einer solchen Megakiste aus dem ICE geworfen zu werden und dann etwa den Flug zu verpassen. So gewann Carsharing, und Sem's Vater führte uns am 21. August 2007 mit dem Vito-Büsli von Mobility zum Flughafen Frankfurt.
 
Beim Einchecken von unserer Tasche und dem angemeldeten Sperrgutgepäck ging alles glatt, obwohl wir ja nicht nur die Grösse des Gepäcks,

unser Pino mit Ladung
 
sondern auch das Gewicht überschritten. Der Angestellte meinte nur ironisch, dass er heute eine Ausnahme mache und keine Spezialgebühr verlange.
 
Dann verabschiedeten wir uns von Sem's Vater und gingen aufs WC, um dort teile unseres übermässigen Handgepäcks etwas zu kaschieren. Dazu zogen wir ganz einfach all unsere Kleider übereinander an. In die Jackentasche kam schön zusammengelegt der grosse Plastiksack, in dem die Kleider zum Flughafen kamen. So befand sich kein Kleidungsstück im Eincheckgepäck und auch keins im Handgepäck. Mehr als winterlich gekleidet kamen wir aus dem WC und standen an für den Zoll und die Handgepäckschecks.
 
Die Sicherheitsbeamtin meinte dann nur spitz zu ihrem Kollegen „Schau dir wiedermal die an, was die alles anhaben“ mehr konnte sie jedoch nicht tun, denn es gibt ja keine Kleideranziehbeschränkung im Flugverkehr.
 
Wenige Momente später befanden wir uns auch schon im Flugzeug. Die übermässigen Kleider hatten wir ausgezogen und im Handgepäcksfach über dem Kopf flugsicher verstaut. In der Hoffnung, dass unser Pino seriös und in den gleichen Jet verladen wurde, sassen wir vorausschauend da – bereit für den Abflug und neue Abenteuer.