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Laos   -   01. April 2007 - 05. Mai 2007


Die Wasserschlacht
 
Laos, 11. April – 5. Mai 2007
 
Strecke: Vientiane – Vang Vieng – Luang Prabang – Huai Xai

So unfreundlich und schnautzig wie die Frau in der Nacht war, war sie auch am nächsten Morgen. So entschieden wir uns sofort, eine andere Unterkunft für die Tage in Vientiane zu suchen. - So machten wir einen grossen Spaziergang durch die Stadt um jenste andere Gasthäuser zu checken. Fündig wurden wir im Syri 1 Guest House. Es gab dort für uns ein Zimmer im Erdgeschoss und auch die Velos fanden Platz darin.
 
Augenblicke später waren wir im Spital. - Vor drei Tagen wurde unsere Abendfahrt nämlich plötzlich unterbrochen, da ein kleines Ding in Karins Aug flog.  - Und nun galt es dem Auge von Karin zu helfen. Im Mahasot Spital wurden wir freundlich empfangen und wir erklärten, dass es ums Auge ging. Doch erst wurde Karin der Blutdruck gemessen und auf die Waage musste sie auch, dann wurde sie befragt und erst anschliessend wurden wir durchs ganze Spitalgelände geführt, um von der Augenärztin das Auge anschauen zu lassen. Die Ärztin fand aber erstmals nichts. Erst nach nochmaligem Anspornen der Ärztin, dass sie bitte weiter suche, fand sie ein superkleines Objekt. Die Augentropfen, die wir seit der Schweiz dabei haben, befand dann die Ärztin als gute Medizin fuer die nächsten zwei Tage. Und so gingen wir zurück zum Haupteingang, wo es nur noch zu bezahlen galt.
 
Nebst Spitalbesuch und viel, viel Planungsarbeit (wie weiter reisen), verbrachten wir die Zeit in Vientiane vorallem mit essen. Der absolute Hit waren die „all you can eat“ Buffets, vor allem die vegetarischen. Für nur 15'000 Laotische-Kip konnte man einfach essen, essen und noch mehr essen. In den ganzen vier Vientiane Tagen besuchten wir dreimal ein solches Buffet. Mmmhhh!!!
 

Wasserschlacht

Doch es war auch gefährlich in der Stadt. Verschiedene Gruppen lieferten sich Schlachten. Sie beschossen sich, jagten sich nach und versteckten sich hinter Häuserecken. Auch wir schlichen voller Angst durch die Stadt um nichts abzukriegen. Aber was war auch los in Laos? Es war „Pi-Mai-Lao“ – die laotische Variante von Neuem Jahr. Die Hauptfeierlichkeit besteht darin, sich mit Wasser zu beschiessen. Dies bringe Glück und Reinheit fürs nächste Jahr. Eine nationale Wasserschlacht, die Tage lang andauert. Natürlich wird vor niemandem halt gemacht, ein jeder wird abgeduscht. Mit Wasserkübeln, Schläuchen und riesigen Wasserpistolen wird die Schlacht bestritten und viele werfen auch farbiges oder parfümiertes Wasser.
 


Um mal ein anderes Fahrgefühl zu erleben, mieteten wir uns einen Töff, mit der Absicht den Buddha-Park ausserhalb Vientianes zu besuchen. Dort sind allerhand Buddhaskulpturen in grosser und kleiner Dimension ausgestellt. Der Park wurde 1958 von Luang Pu Bunleua Sulilat, ein Yoga-Priester-Schamane, der hinduistische und buddhistische Philosophie und  Mythologie lehrte, erbaut. Doch wir verfuhren uns schrecklich, da wir bei dieser schnellen Töffgeschwindigkeit die richtige Abzweigung verfehlten. Erst am Nachmittag waren wir sicher auf der rechten Strasse zu sein und pitsche-patsche-nass erreichten wir den Buddha-Park, denn exakt an diesem Tag begann das oben erklärte Neujahrsfest in vollen Güssen. Das Wasser schütten stoppt auch nicht vor den verehrten Buddhas. Hier ist es zwar keine Schlacht, nein – voller Ehrfurcht wird gut duftendes Wasser liebevoll über jeden Buddha gegossen, denn auch ein Buddha will gereinigt sein und Glück haben im Neuen Jahr.
 Ja, ja – und nun stellt euch das mal wieder vor in unserer lieben Schweiz – Am 31. Dezember bewaffnet sich ein jeder mit Wasser, begiesst seinen Nachbarn auf dem Weg, wenn er Gipfeli einkaufen geht, leert Wasser über seine Kinder und auch über den Gemeindepräsidenten, den er zufällig beim Gang in die Kirche antrifft, betet und träufelt anschliessend Wasser über die Jesusstatue, den Altar, das Kreuz und den noch vorhandenen Weihnachtsbaum...  – oder würde abgeändert auf unsere klimatischen Verhältnisse vielleicht eine nationale Schneeballschlacht besser passen?

 

im VIP-Bus

Der VIP (very important person – sehr wichtige Person) Bus holte uns ab, um nach Vang Vieng zu gelangen. Die Velos durften hinten auf den letzten vier Sitzen auch mit und so war der Entscheid, wegen den megaheissen Temperaturen, die immer noch über 40 Grad Celsius waren, nicht nach Vang Vieng zu pedalen, kein Problem. Vang Vieng schien uns genau der richtige Ort zu sein, um mal wieder eine Pause einzulegen. Laut anderen Travellern sei das der beste Ort zum „Abhängen“ in Laos. Weshalb? Die Landschaft ist beeindruckend. Hoch aufragende Karstfelsen prägen die Szenerie und romantisch schlängelt sich ein glasklarer Fluss durchs Tal. Doch der Scharm des einstigen kleinen Ortes ist schon längst verdorben.


Horden von Backpacker drängen sich durch die Hauptstrasse, überall gibt es Pizza, Pasta und Lao-Food zu überhöhten Preisen und in keinem der Restaurant fehlen die Fernseher, in denen irgendeine Serie, wie beispielsweise „friends“, nonstop gezeigt wird.
 

Uns war dies egal, konnten wir doch für einen USDollar unser Zelt bei den Riverside Bungalows nahe dem Fluss aufstellen und die mystische Atmosphäre der Landschaft geniessen. Kaum angekommen in Vang Vieng, buchten wir sofort, was absolut nicht unser Stil ist, eine Tour. So ging es tags darauf zum elephant cave (Elefantenhöhle), mit einem tube (Lastwagenschlauch) ins cave (in die Höhle), genannt caving und später per Kayak den Fluss hinunter. Doch das geilste war der Firefox. Hoch oben, ca. 10 Meter über dem Fluss, schwebte ein Trapez. Voller Mut und Tatendrang kletterten wir die steile Bambusleiter hinauf, um uns in luftiger Höhe am Trapez über dem Fluss hin- und her zu schwingen und sich am Schluss, mit einem inbrünstig ausgestossenem Tarzan-Schrei, in den kühlen Fluss fallen zu lassen. Der kühlende Fluss zog uns auch die nächsten Tage immer wieder an. Wir badeten im kühlen Nass, nicht im Badkleid und in der Badehose, nein, gleich in den Kleidern, denn hier in Laos baden die Einheimischen in ihren Kleidern und die Gäste werden gebeten es ihnen gleich zu tun.
 
Die Flüsse sind äusserst wichtig für die Laoten. Ein Fluss ist Badezimmer, Waschmaschine und zugleich ein wichtiger Nahrungmittellieferant. Nicht nur Fische werden aus dem Wasser gezogen, denn am Tag, als wir Vang Vieng pedalend verliessen, erlebten wir das folgende: Als wir am späten Nachmittag Abkühlung im flüssigen Nass suchten,  badeten wir in nächster Nähe zu Einheimischen. Die Mädchen waren sich gerade am Einseifen, während die Jungs so grünes Zeugs aus dem Fluss fischten. Wir fanden heraus, dass das moosartig aussehende Grünzeugs zum Essen bestimmt sei. Später stiegen wir gleichzeitig mit den Einheimischen aus dem Fluss und wir staunten nicht schlecht, als sie auch hier und dort noch mehr Grünes sammelten, um das Abendessen zu verfeinern. Das eine Blatt wurde sogar gleich, so als Zwischenmahlzeit, in den Mund gestopft. Auch Sem wollte es ihnen gleichtun und zupfte schon mal ein Blatt ab. Doch der Laote deutete uns sofort, dass dies nicht das gut bekömmliche Blatt sei und gab eines von den seinen. Wir beide testeten wie Gourmets den uns fremden Geschmack. Das Blatt war gar nicht so schlecht. Kräftig, würzig und etwas erdig schmeckte es. Jedoch auch sehr neu und ungewohnt. Wir entschlossen relativ schnell, es nicht in unseren Speiseplan aufzunehmen, da wir es eh nicht von dem anderen Grünzeug unterscheiden könnten.

leben am Fluss

 

Vang Vieng lag also hinter uns und vor uns die nordwärts führende Strasse Richtung Luang Prabang. Genau so, wie es in den Reiseführern beschrieben ist, kam`s. Es wurde gebirgig und sehr, sehr kurvig. Man erzählt sich, dass die Leute, die diese Strecke per Bus fahren, von der prächtigen Landschaft nicht viel mitkriegen, da sie sich mehrfach übergeben müssen. Und wenn man dort dann so herum pedalt, muss man halt schauen, dass einem die aus den Fahrzeugen nicht bekotzen. Wwhhööee – i git!
 
Huegellandschaft

Doch vorallem besticht diese Route mit mehreren 20km langen Steigungen und entsprechend langen Abfahrten. Hinter jeder Kurve verbirgt sich ein neues Panorama genialster Hügellandschaft. Immer wieder passierten wir Dörfer, die dramatisch auf Bergrücken angesiedelt waren. Die Kinder spielten knapp vor dem Abgrund, doch sie waren es sich wohl gewohnt, denn ein Fehltritt hätte verherrende Folgen gehabt. Doch meist war die umgebende Landschaft nicht, wie man es erwarten würde, in sattes Grün gehüllt. Nein – andere, tristere Farben prägten die Umgebung. Teils dachten wir an Mondlandschaft. Um auf praktische Art an freies Land zu kommen, benutzen die Laoten die Kraft des Feuers. Hänge, die in der letzten Saison bepflanzt wurden oder gar bewaldete Hänge, die noch nie benutzt wurden, 
werden ganz einfach abgebrannt, um sie beispielsweise für Bananenplantagen zu benutzen. Der Rauch brannte ziemlich in unseren Radlerlungen und es war für uns schlimm mit anzusehen, wie die schöne Naturvielfalt einfach zerstörrt wird. Sehr schade für Wald und Tier.
 
Anscheinend war diese Strecke ein Anziehungspunkt für andere Tourenradler. Wir trafen sogleich auf mehrere. Dagmar und Röbi aus der Schweiz, Tourenradler seit dreieinhalb Jahren, waren gleichzeitig mit uns in Richtung Luang Prabang unterwegs. Wir fuhren eigentlich nicht miteinander, aber trafen immer wieder aufeinander und so wurden die geimeinsamen Pausen immer länger, denn wir hatten uns doch soviel zu erzählen. Ein Holländer und ein Belgier überholten uns – sie waren ein bisschen schneller unterwegs als wir – und einige Radler kamen uns entgegen, mit Tipps, wie der weitere Streckenverlauf aussehe. Bis und mit Luang Prabang zählten wir nicht weniger als 12 Tourenradler, die in dieser Gegend unterwegs waren. Viele davon waren jedoch nur einige Wochen unterwegs.
 
In den brandgerodeten Hängen war es meist nicht einfach einen Ort zum Übernachten zu finden. Doch jede Nacht zwischen Vang Vieng und Luang Prabang schafften wir es unser Zelt aufzustellen. Wir versuchten uns auch immer gut zu verstecken. Denn wir waren ja genau in dem Gebiet unterwegs, in dem vor einigen Jahren ein Velotourenpaar, das an einen Busüberfall heran fuhr, erschossen wurde. – Doch nur einmal spürte uns nachts jemand auf. Es war schon nach zehn, als wir ein gutes Stück entfernt von der Strasse hinter Bäumen unser Zelt aufstellten. Wir befanden den Ort als sicher und gut. So schliefen wir ein. – Doch ca. zwei Stunden später wurden wir von Schritten aufgeweckt. Beide waren wir sofort hellwach.

in einem Dorf
 
Sem gab Karin leise zu verstehen, dass sie ruhig bleiben soll und erstmal so tun, als ob sie schlafe. Doch Karins Herz pochte laut. Sem begrüsste dann erstmal die nächtlichen Besucher. Es waren Polizisten. Die Beamten erklärten, dass wir in ein Gasthaus müssten. Als ihnen Sem jedoch sagte: „Wir schlafen hier nur und gehen am Morgen ganz früh weiter. – Und ich kann nun auch nicht meine Frau wecken, die schläft, sie sollen doch bitte ruhig sein,“ verstanden die Polizisten, dass wir nichts gefährliches vorhatten und erlaubten uns dort zu campen.
 
Spannenderweise störte es in einer der nächsten Nächte überhaupt niemand, als wir unser Zelt unter einem Strohdach direkt an der Strasse aufstellten. Es war der einzige Ort, den wir finden konnten, so richtig unversteckt und von allen einsehbar. Manchmal scheint die Öffentlichkeit halt das beste Versteck zu sein.
 
Luang Labang

So erreichten wir wohlbehalten, nach strengen Fahrtagen, am 27. April 2007 die Stadt Luang Prabang, zweifellos eine der schönsten Städte Südostasiens, UNESCO-Weltkulturerbe seit 1995. Gegründet wurde Luang Prabang irgendwann um das 10. Jahrhundert A.D. 1353 wurde es die Hauptstadt des Landes der 1000 Elefanten ("Lane Xang"), des historischen Vorläufers des heutigen Laos. Bereits 1560 verlor Luang Prabang aber die Hauptstadtwürde an Vientiane, ist aber bis heute spirituelles Zentrum des Landes mit seinen wichtigsten Tempeln und Klöstern geblieben. Wir waren verzückt von der Einzigartigkeit der Kolonialbauten, die es so nur in Luang Prabang gibt und der Intaktheit des Altstadtviertels. Natürlich besuchten wir einige der Tempel und auch den Palast des einstigen Laotenkönigs.
 
Drei Tage nach unserer Ankunft in Luang Prapang schrieben wir unseren 365. Reisetag. Am 1. Mai galt es somit natürlich zu feiern. Wir entschlossen uns etwas besser essen zu gehen. Im Restaurant „Blue Lagoon“, übrigens eröffnet und geführt von einem Schweizer, genehmigten wir uns schweizerisches Essen.
 
Von Luang Prabang aus wählten wir die Variante per Boot den Mekong hinauf zu fahren bis nach Huai Xai. Denn zeitlich wäre die Wahl der Strasse nicht mehr möglich gewesen, um rechtzeitig die Grenze nach Thailand zu erreichen. Schon die streckenmässig viel kürzere Mekong-Boot-Variante dauert zwei Tage. Am 3. + 4. Mai 2007 waren wir also jeweils den ganzen Tag auf einem Mekong-Lang-Boot.
 

Am ersten Tag waren unsere Velos auf dem Dach des Bootes und am zweiten mit im Boot. Die Nacht vom 3. zum 4. Mai 2007 verbrachten wir im wohl vom Tourismus verdorbensten Ortes von Laos. In Pak Peng, ein kleines Dorf, das seine Überlebenschance darin erkannt hatte, die zwangsweise stoppenden Bootsreisenden über Nacht zu beherbergen. Das Dorf am Flusshang ist voll mit supergünstigen Gasthäusern und im Gegensatz dazu, überteuerten Beizlis. Es gibt wohl kein Haus im Dorf, das nicht für Touristen offen ist. Es scheint jedoch ganz klar, dass der Ort nie als Touriort gedacht war. Die Generatoren, die ein jeder hinter seinem Haus aufgestellt hat, liefern – zum Schrecken vieler Traveller, die doch noch ein bisschen abhängen wollen – nur Strom bis um 22:00 Uhr.

Flussreise
 
Am nächsten Morgen gings weiter auf dem lärmigen Langboot. Zusammen mit Miss Dance Queen, der erfrorenen Schwedin, zwei Kanadiern und anderen Reisenden sassen wir auf den kleinen, wohl für Laotenfüdlis ausgerichteten Holzbänken. Schliesslich erreichten wir abends und bei strömenden Regen den Grenzort Huai Xai. Sehr durchnässt und mit der Idee, am nächsten Tag in ein neues Land zu reisen, fanden wir ein Zimmer in einem Gasthaus.