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China   -   20. November 2006 - 22. Dezember 2006


Der Schneeschaufelwettbewerb

China, 20. November bis 27. November 2006

Strecke: kasachisch/chinesische Grenze - Korgos - Urumqi

Die sechs Bananen waren schon fast alle verzehrt, als wir uns der Grenze naeherten. An einem ersten Tor winkte uns der Polizist erst zur Seite, so nach dem Moto, wartet mal dort. Doch dies gefiel vorallem Karin nicht, denn warten in Eiseskaelte war nicht ihr Ding. So stellte sie sich bereit und als das naechste Auto kam und das Tor geoeffnet wurde, hiess es nur kurz „Sem komm" und wir passierten geschwind das Tor, so nach dem Motto: "Ihr Schweizer erlaubt euch doch einfach alles!" 3-4 km weiter tauchten Haeuser auf, es war der Grenzort. Nun gings durch Dorf, an Lastwagen vorbei und anschliessend mussten wir mehrmals unseren Pass zeigen, bis wir mit dem Ausreisestempel im Pass zum chinesischen Grenzgebaeude pedalen wollten. Wir wurden gestoppt und es wurde uns erklaert, dass man nur mit einem Minibus zum chinesischen Grenzgebaeude gelangen koenne. Natuerlich passten unsere Fahrraeder nicht in den Bus. Der groessere Bus erschien gar nicht und erst um 16.45 Uhr (Kasachstan Zeit) fand sich ein Buesli, in das mit viel Packkunst, alles reinging. Im 1 km langen Niemandsland, das wir nicht per Velo durchfahren durften, war es voll mit Lastwagen, die aber natuerlich nicht in Bueslis mitfahren mussten. So ist die Welt ungerecht.

So erreichten wir nach einer 5-minuetigen Chaos-Stop-and-Go-Fahrt die chinesischen Grenzgebaeude. Bezahlt haben wir nichts fuers Buesli, wir erklaerten einfach, dass wir alle Tenge auf dem Bazar ausgegeben haetten. Und schnell gings rein ins Grenzhaus. Sofort wurden wir entdeckt und begruesst. Unsere Paesse wurden von hinten nach vorn und retour durchgeschaut und als sehr schoen bezeichnet. Wir wurden gefragt wohin und woher und die Velos wurden gut beaeugt und beniifelt. Dann mussten wir einen Zettel ausfuellen, mit Name und so... – und schon bekamen wir den Einreisestempel (neben das Visum und drauf ein Gutzeichen). Ach hatten wir Glueck, wir durften also mit Velo einreisen, obwohl ja eigentlich einreisen per Rad nach China fuer Auslaender verboten ist... Eine Roentgenmaschine untersuchte noch all unser Gepaeck. Nur die Velos, die Kameratasche und einige Flaschen konnten wir um die Maschine herum schmuggeln. Anschliessend packten wir alles wieder aufs Velo und pedalten raus nach China. Und China war vorerst dunkel.

Mit der Hilfe von Lastwagenfahrern fanden wir relativ schnell ein Gasthaus, indem wir ein gar nicht schlecht geheiztes Zimmer kriegten. Wir setzten uns ins Bett und begannen uns erstmals sehr ernsthaft mit dem Projekt China auseinander zu setzen.

Wir studierten Karten, liessen chinesisches Fernseh auf uns wirken und lasen in unserem Fahrradweltreisefuehrer die Seiten ueber China durch. Dass wir dieses grosse Land in voller West-Ost-Ausdehnung nicht per Velo passieren konnten, war uns ja schon beim Start klar. Und nun kam auch noch dazu, dass wir auf Ende Jahr in Hanoi abgemacht und in Almaty 14-Tage gegen Lablia Gardia gekaempft hatten. Wir mussten also schneller durchs Land hindurch kommen als je geplant war. Mit der Idee am naechsten Tag per Laster weiter in Richtung Urumqi zu kommen, gaben wir uns der Nacht hin.

Denn naechsten Tag verbrachten wir damit eine Mitfahrgelegenheit in Richtung Urumqi aufzutreiben. Dies klappte den ganzen Tag nicht. Auch die Hilfe des Fernsehteam, das wir am spaeten Nachmittag trafen und uns filmte, half nichts. So entschieden wir den naechsten Bus nach Urumqi zu nehmen. Der fahre in einer Stunde, sagte uns der Reporter und begleitete uns zur Busstation von Korgos.
 

wir erreichen China - und es schneit  

Doch der Bus war voll! Die Fernsehleute organisierten uns dafuer fuer diese Nacht eine Gratishoteluebernachtung. Mit dem Hinweis, dass es am naechsten Tag wahrscheinlich schneie, verabschiedeten sie uns.
Oh, und es hatte Schnee am naechsten Morgen. Und da der naechste Bus erst am Abend nach Urumqi fuhr, verbrachten wir einen ganzen Tag im Schneegestoeber. Dann fuhren wir ueber Nacht per Schlafbus nach Urumqi. Sogar die Velos durften im Bus mitfahren, aber erst nachdem wir dem Fahrer seine verlangte Extragebuehr bezahlten, obwohl man uns am Schalter versicherte, dass die Fahrraeder nichts kosten wuerden. Wir beschwerten uns lautstark, aber die Antwort eines gut englisch sprechenden Mitreisenden auf unser "das ist korrupt", war nur - "ja schon, aber das ist die Realitaet!"


Wir bezahlten also schoen brav und der Buschauffeur oeffnete die Tuer fuer uns. Im Schlafbus war es so halb-patzig komfortabel. Man spuerte schon, dass es draussen unter null Grad hatte. Und wenn dann unter uns noch die Raeder durchdrehten, im Schnee, kamen schon mulmige Gefuehle auf.  

Trotzallem erreichten wir aber nach genuegend Schlaf die kleine Millionenstadt Urumqi. Das Wetter zeigte sich von seiner schoensten Seite und die ganze Stadt war in beruhigenden Schnee eingehuelt. Kaum waren wir aus der Schalterhalle, konnten wir nur noch staunen. Die fleissigen Chinesen waren am Schnee schaufeln. Als haetten sie einen Wettbewerb untereinander. Da wurde geschaufelt, geschippt, geraeumt – bearbeitet mit Schaufeln, Abstechdingern, ja sogar mit Hammer und Besen wurde der Schnee und das Eis bearbeitet. Alle halfen mit beim grossen Event "Schneeschaufeln"! Der Polizist in der Uniform mit Sternen auf der Schulter, die Verkäuferin im chicen Deux-Piece und den hochhakigen Schuhen vom Damenmodegeschäft, der coole Chinese mit den Rasta auf dem Kopf, die Serviertochter, der Hotelangestellte, der Bankier mit Krawatte, aber auch der Chef der Baeckerei und sogar die Angestellten des Kosmetikgeschäftes - die ganze Stadt schaufelte - nur wir nicht. 
 

Weshalb der ganze Schnee weg musste - und zwar ueberall - wissen wir nicht. Auf alle Faelle bekommt der, der vor seinem Laden oder Haus den Gehsteig und die Strasse nicht leer raeumt eine Buse. Auch waren die Strassen fuer eine gewisse Zeit gesperrt, fuers Schaufeln. Vor lauter staunen brauchten wir lange bis zur Universitaet, wo wir David vom HospitalityClub trafen und wir waren sicher, dass er auch am Schaufeln war. Aber dem war nicht so, denn bei der Universitaet muessen nur die Studenten des 1., 2. und 3. Semesters schaufeln.

Bei David durften wir einige Tage bleiben. Die Zeit in Urumqi benutzten wir nun definitiv um die genauere Chinareise zu planen. Wir zaehlten Tage und Kilometer und es ergab sich die fuer uns sinnvollste, folgende Loesung: Die Velos per Zug in den Sueden zu verschicken und China per Zug, Bus und Schiff zu erkunden.

  Chinesinnen am Schnee schaufeln


Wir entschieden uns also unsere Velos per Zug von Urumqi nach Nanning im Suedosten Chinas zu schicken. Einen grossen Teil unserer Ausruestung gaben wir auch gleich mit den Velos mit. So hatten wir nur nach sehr geringes Gepaeck. Drei Stunden benoetigten wir um unsere Velos und das Gepaeck am Bahnhof Urumqi vernuenftig zu verpacken und es aufzugeben. Und so verliessen wir unsere Velos mit der Idee noch am selben Abend Urumqi per Zug zu verlassen. Doch ein Problem war da noch - wie kommen wir nur an ein Zugsbillet?