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Iran   -   25. Juli 2006 - 12. September 2006


Erste Hochs und Tiefs im Iran 
 
Iran, 25. Juli bis 27. Juli 2007
 
Strecke: türkisch/iranische Grenze - Maku - Qara Ziya'Eddin

Der Grenzuebertritt in den Iran verlief problemlos. Mit drei Rucksackindianern  – einer davon David aus Basel, den wir bei unserer Jurafahrradtour im 2005 in Le Pont kennen lernten – (ja die Welt ist klein) – wurden wir von einer iranische Frau willkommen geheissen. Sie fuehrte uns in ihre Office, schrieb auf, wo wir durchreisen wollten und beantwortete unsere Fragen bezueglich Kleidung etc. Es war ein warmer Willkommensgruss.

Raus ging es aus dem Zollgebaeude und als erstes staerkten wir uns mit noch tuerkischem Brot. Es ging uns sehr gut, waren wir doch innert Minuten zu Millionaeren geworden... So pedalten wir in dieses Land hinein, das uns an diesem ersten Tag mit Hoehen und Tiefen beschenkte.  Zuerst ging es nur hinunter nach Bazargan, wo wir sofort einen Fahrradladen sahen und einen neuen Staender kauften. Sah er doch ziemlich stabil aus. Kaum war er montiert, brach er auch schon unter den Augen der umher stehenden Iraner beim ersten Versuch Sems schwere achtzig Kilogrammvelo darauf zu stellen. Riesengelaechter – uns war es aber nicht zum Lachen. Sem fuehlte sich verarscht und versuchte dem Jungen, der ihm den Staender verkauft hatte, klar zu machen, dass er das Geld zurueck wolle. Es gab ein hin und her und schlussendlich einigten sie sich darauf, dass jeder die Haelfte bezahlte. Das war keine schoene Einstiegsgeschichte fuer den Iran.


Ankunft im Iran

Aber der Tag war noch nicht zu Ende. Weiter ging es abwaerts nach Maku. Da staunten wir nicht schlecht, als wir sahen, dass die Haeuser in diesem Teil des Irans aus kleinen, roetlichen Backsteinen gebaut waren. Ja, man koennte fast meinen, man sei in Norddeutschland oder England. In Maku fanden wir das Stadtzentrum fast nicht. Immer wenn wir fragten, wiesen sie uns weiter talabwaerts. Das konnte doch gar nicht sein und nach diesem ersten Velostaendererlebnis wussten wir echt nicht, ob die uns alle beschissen. Wir fanden aber doch einen guten Ort um etwas zu essen und so sassen wir auf der Treppe einer Bank und verspiesen unser Picknick. Kaum abgesessen, kam auch schon der Ladenbesitzer von gegenueber und brachte uns nacheinander einen Teppich (Karton), Gurken, Tee, Tomaten, Brot, Salz – so nett. Ab und zu hielt jemand an und fragt uns auf englisch "how are you?, where do you come from?" und so weiter. Da tauchten drei Englischstudenten auf und das Niveau der Konversation hob sich erheblich. Die quetschten uns aus wie Zitronen und stellten Fragen wie "What's your purpose on life?" Pah, was antwortet man auf so eine Frage? Wir stellten unsere Fahrraeder in einem Shop unter und kletterten mit ihnen – unter Fragenhagel  - zu einer Moschee hinauf. Da sahen wir, dass Maku eine langgezogene Stadt ist, sie erstreckt sich in einer Schlucht ueber 15 km. Es sah aus wie eine leuchtende Schlange. Es war ziemlich spannend mit diesen jungen Iranern zu sprechen. Natuerlich kam das Gespraech auch auf das Atomprogramm der Regierung. Sie waren total ueberzeugt davon, dass sie die Atomkraft brauchten um genug Strom fuer die Bevoelkerung zu haben. Wir versicherten ihnen, dass es daneben sei, wenn ein Land ueber ein anderes Land bestimmt, wie es zu seiner Energie komme. Aber wir erzaehlten ihnen auch wie gefaehrlich die Atomenergie sei. Uii, da waren sie aber taub auf den Ohren. Ja, sie wuessten schon wie man mit der Atomenergie umgehe, ja, das sei doch die sauberste Energie, die es gebe.... Von Tschernobyl oder anderen Unfaellen mit Atomenergie wussten sie nichts... Wir hoerten spaeter in Tehran noch differenzierteres ueber diese Problematik. Es war schon richtig dunkel und die drei mussten nachhause. Wir fragten sie noch, wo wir wohl unser Zelt aufstellen konnten und sie wiesen uns zur Polizei. Die fanden wir dann auch. Auf unsere Frage, ob wir das Zelt aufstellen durften, sagten sie nur nein und meinten, dass wir im Stadtzentrum ins Hotel gehen koennten. Da wir aber grundsaetzlich nie zurueck pedalen, es eh hinauf gegangen waere und wir in unserem lieben Zelt uebernachten wollten, organisierten sie jemanden, der englisch sprach. Er kam im Auto mit drei Kollegen und nach einigem Diskutieren fuhren sie uns voraus in einen Wald. Es hatte ganz viele Leute dort, die auf ihren Teppichen am Boden sassen oder schliefen. Mitten in der Nacht, irgendwo im Juhee. Spaeter fanden wir heraus, dass das Pilger waren, die nach Syrien unterwegs waren und eine Pause in diesem Wald machten. Es hatte einen Stand mit Getraenken und hinter dem wurden wir angewiesen das Zelt aufzustellen. Dann kam der grosse Clou. Die vier Typen wollten Geld fuer ihre Hilfe – ziemlich viel fuer iranische Verhaeltnisse. Anscheinend um das Benzin zu bezahlen, aber hallo – erstens kostet ein Liter Benzin gerade mal 600 Rial (0.08 Franken) und die Strecke von der Polizeistation bis zum Wald war ungefaehr zwei Kilometer lang. Sem weigerte sich zu bezahlen und machte dem Mann klar, dass so was voellig daneben sei. Es gab einen Riesenauflauf und nach etwa einer Stunde war der Typ so wuetend, dass er sich mit einem zu pruegeln begann, der ihm wahrscheinlich gesagt hatte, dass er es sein lassen solle. Da pruegelten sie sich also und Sem wollte – ihr kennt ihn ja – dazwischen. Das durfte er aber nicht!!!  

Da verschwanden die vier unter Gefluche und schwupp waren auch alle anderen Menschen verschwunden. Wir standen da wie die begossenen Pudel. Und was nun? Es war schon ungefaehr ein Uhr in der Nacht und wir waren nicht erpicht unser Zelt zusammen zu legen und weiter zu pedalen. Unsere Rettung kam in Form eines Jungen. Er kam in unsere Naehe und meinte nur "sleep".  Spaeter setzte er sich an unseren Tisch und wir begannen ein gemuetliches Gespraech. Wir mussten die Situation mal auslotsen. So ging's um "where do you come from, what's your job ueber do you like Iran? (das wussten wir in diesem Moment echt nicht!) etc." So erfuhren wir, dass seinem Vater der Getraenkestand gehoerte und dass wir unbesorgt schlafen konnten – die vier Typen kaemen sicher nicht zurueck. Spaeter gesellten sich noch seine Tante, Onkel, Cousine und Cousin zu uns und es wurde uns Tee gereicht. Wir waren nun richtig beruhigt und krochen um 2 Uhr in unseren Schlafsack...

frisches Fladenbrot, mmh!


Nach dieser Nacht mussten wir ziemlich lange ausschlafen. Auch am Morgen wurde uns wieder Tee gereicht. Wir lernten, wie die Iraner ihren Tee trinken. Sie haben nicht die kleinen ein-Deziliter-Glaeschen der Tuerkei, sondern normale Teeglaeser. Die Zuckerwuerfel werden jedoch nicht in den Tee getan und es gibt auch keinen Loeffel, sondern man nimmt eine Zuckerwuerfel in den Mund und trinkt den Tee schluckweise durch den Zucker hindurch. Ein echter Iraner lutscht so ungefaehr drei bis fuenf Wuerfelzucker pro Glas Tee. Gesagt sein muss aber noch, dass der Zucker viel mehr zusammen gepresst ist als in der Schweiz und nicht so schnell im Mund verlaeuft. Karin gefaellt diese Art Tee zu trinken sehr gut, waehrend Sem immer sein Sackmesser unter den staunenden Augen der Iraner als Loeffel hervor nimmt und mit ihm den Zucker im Tee verruehrt.
 
Schon bald hatten wir kein Essen mehr aus der Tuerkei und wir machten die ersten iranischen Einkaufsversuche. Zum Glueck haben wir das "OhneWoerterBuch" und das "point-it" dabei. Das sind kleine Buechlein mit unendlichen Abbildungen darin, mit denen man supergut kommunizieren kann. Braucht man Brot, zeigt man auf das Bild des Brotes und ein Farsi-sprechender Iraner versteht, was wir wollen. In einem kleinen Dorf versuchten wir also Brot zu bekommen. Im klitzekleinen Dorfladen gab es keines. Es hatte schon ungefaehr 20 Maenner um uns herum und alle machten nur "na", "na" bis einer in eine Gasse zeigte und Sem darauf hin losmarschierte, waehrend Karin die Velos bewachte. Kurz darauf kam ein junger Mann und streckte Karin einen Sack mit Brot entgegen – natuerlich wollte er nicht, dass wir ihn bezahlten. Sem wurde auch fuendig und bekam von einer Frau ebenfalls ein Sack voller Brot geschenkt. Na super, zuerst gibt es keines und dann viel zu viel. Naja, auch spaeter blieb das Brot einkaufen ein Erlebnis. Das Brot im Iran wird immer frisch zubereitet. Es gibt etwa vier Brotzeiten, wo man bei der Baeckerei ansteht und das Brot heiss kauft. Am besten schmeckt es frisch und warm. Die meisten Brote sind duenne Fladenbrote, eines ein bisschen duenner, das andere ein bisschen  dicker.